Ich befürchte: nur in Teilen. Es wird sicher positive Ausnahmen geben. Die sollte man dann angucken, um daraus zu lernen. Aber im Allgemeinen muss man sagen: Wir sind auf die bei dieser Geldmenge zu erwartenden Antragszahlen nicht vorbereitet.
Wir sind mit der Digitalisierung in den vergangenen Jahren weiß Gott nicht so vorangekommen, wie das hätte sein sollen. Als wir das Tesla-Werk in Grünheide genehmigt haben, da mussten am Anfang alle Anträge auf Papier eingereicht werden. Erst ganz am Schluss haben wir es geschafft, dass das elektronisch ging. Bis heute funktioniert das noch nicht in allen Regionen. Auch die Amtssprache ist ein Thema. Ausländische Unternehmen werden ebenfalls an diese Sondermittel kommen wollen. Das ist gut für uns, weil es dann mehr Nachfrage nach unseren Arbeitskräften gibt. Da ist es hinderlich, wenn alle Anträge auf Deutsch gestellt werden müssen.
Was müsste man jetzt tun?
Dieser Text stammt aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Wir müssen Künstliche Intelligenz einsetzen, um die Anträge nach einem Ampelsystem zu sortieren. Auf dem Schreibtisch des Sachbearbeiters sollte nur noch das Fünftel landen, das eine Nachbearbeitung von Hand braucht. Wenn der Antrag passt, kann man direkt zur vereinfachten Plausibilitätsprüfung gehen und die Genehmigung erteilen. Und die Anträge, bei denen nachgearbeitet werden muss, die werden herausgefiltert. So wird Deutschland wirklich schneller.
Lässt sich das so schnell einführen?
Es gibt Unternehmen, die das anbieten. Ob die Verwaltung schon Kontakte zu denen hat, ist eine ganz andere Frage. Und wir brauchen juristische Begleitung, damit der Datenschutz geklärt ist.
Die Digitalisierung der vergangenen Jahre hat nicht gut funktioniert. Wir sollten schon seit Jahren unsere Behördengänge digital erledigen können. Das geht immer noch nur zum Teil.
Ich mag dieses Wort ja nicht, aber hier trifft es zu: Die Digitalisierung ist alternativlos.
Das würde ich nicht zu beurteilen wagen. Aber: Ich kann mich noch an die Umstellung von Schreibmaschine auf Computer erinnern, und was das für die einzelnen Menschen in den Sekretariaten bedeutet hat. Jetzt sind wir wieder vor einem solchen Schritt. Im Augenblick gibt es psychologische Hürden für etwas, das in zehn Jahren für jeden völlig normal ist.
Zeit geht auch in der Organisation der Verwaltung verloren.
Jetzt kommen viele Anträge, die mehrere Rechtsbereiche betreffen: den Emissionsschutz, Grundwasserschutz, die Wasserversorgung, Strom und sonst irgendetwas. Das macht die Komplexität aus. Wenn ich dort auf einzelne Personen in der Verwaltung angewiesen bin, darf keiner in den Urlaub gehen. Sonst bleibt der Antrag liegen.
Müsste man da nicht die Verwaltung anders organisieren, sodass sich die Kollegen gegenseitig vertreten können?
Im Augenblick will ja niemand den öffentlichen Dienst personell erweitern, sondern eher Bürokratie abbauen und so den einzelnen Menschen wieder mehr Freiraum geben. Für Vertretung ist da kaum Kapazität.
Man braucht nicht immer mehr Personal für eine gute Vertretungsregelung. In anderen Betrieben gibt es so etwas auch in überlasteten Abteilungen.
In Brandenburg haben wir das am Schluss auch so gemacht. Ehrlich gesagt war das eine Lehre aus dem Genehmigungsverfahren von Tesla. Das haben wir hinterher evaluiert, und zwar von allen Seiten. Jetzt gibt es für jedes Verfahren eine verantwortliche Person, die alles über die verschiedenen Gewerke hinweg steuern kann. Wir nannten das projektorientierte Genehmigung, Aber vor fünf Jahren gab es das noch nicht in dieser Form. Ich kann nicht beurteilen, wie es in anderen Bundesländern ist. Wir haben da etwas gelernt.
Müsste man auch die Menge der Gesetze entschlacken?
Vor allem müssen wir über Partizipation und die Kontrolle der Gerichte reden. Diese Prozesse sollten schlanker werden. Die betroffene Bevölkerung braucht weiterhin Beteiligungsrechte, aber das sollte nur noch einmal für ein ganzes Genehmigungsverfahren geschehen und dann abgeschlossen sein. Nicht wie bisher: Jedes Projekt wird klein gehackt in Teilabschnitte, und in jedem Teilabschnitt mache ich die Prozedur über drei Instanzen bis zum entsprechenden Bundesgericht durch. Nach der Wiedervereinigung gab es so was schon mal für den Ausbau Ost. Man müsste es wieder einführen, dauerhaft.
Und wie ist es mit den Gesetzen selbst: Naturschutz, Wasserschutz und so weiter. Wir warten gefühlt auf jede Eidechse. Ist das ein bisschen zu viel?

Biodiversität ist wichtig, aber sie muss nicht überall Vorrang haben. Man kann stattdessen manche Vorhaben privilegieren. Wenn es zum Beispiel ums Abscheiden und Speichern von CO2 geht, dann wird im Koalitionsvertrag wahrscheinlich stehen, dass das wichtiger ist. Dass das ohne große Diskussion mit der Bevölkerung in den Koalitionsvertrag kommt, finde ich zwar problematisch. Aber dann hat es Vorrang. So wie zum Beispiel auch der Stromnetzausbau und die Windkraft.
Geht das wirklich über eine Priorisierung? Da muss man Brücken, Bahnstrecken, Schulen und Schwimmbäder ins Gesetz schreiben – und vergisst immer noch etwas.
Die Priorisierung sollten die Bundesländer individuell machen. Die müssten sagen, was bei ihnen tatsächlich priorisiert werden soll, und dann guckt der Bund im Sinne übergeordneter Ziele noch mal drauf.
Und wenn man stattdessen von vornherein mit weniger Regeln auskäme?
Das halte ich nur für den zweitbesten Weg. Wir neigen ja dazu, Politik immer in Pendelbewegungen zu machen, von einem Extrem ins andere. Ich glaube: Wenn wir den Umweltschutz außer Kraft setzen, tun wir unseren Kindern und Enkeln nichts Gutes. Und dann kommt nach vier Jahren die nächste Regierung, und das Pendel geht wieder in die andere Richtung.
Wäre es nicht gut, wenn das Pendel heute mal wieder die Richtung ändern würde – hin zu weniger Regeln?
Unbestritten: Es gibt die Fälle, wo wir auf europäische Gesetzgebung noch einen deutschen Sonderweg draufgepfropft haben, der nicht nötig war. Viele Regeln gibt es aber deshalb, weil sie öffentlich auch gefordert wurden. Es gibt halt schwarze Schafe unter den Unternehmen, die in der Vergangenheit Ursache für die Regelungsflut waren. Die sagen jetzt: Ihr müsst uns mal mehr vertrauen. Wenn die Unternehmen das wollen, dann müssen auch die Strafen für einen Missbrauch härter werden. Das geht dann ein bisschen in die Richtung des angelsächsischen Rechts, wo das Unternehmen die Regeln selbst interpretieren muss – aber wenn dann etwas passiert, ist es im Extremfall pleite.
Das schafft Rechtsunsicherheit, und die ist auch nicht gut.
Ich hatte früher mit der Regulierung gefährlicher Güter zu tun, wenn die transportiert wurden. Deutschland hat gesagt: Wenn bei einem Zerfall mehr als 300 Joule pro Gramm freigesetzt werden, sind die gefährlich, und 299 Joule pro Gramm sind harmlos. So genau konnte man das gar nicht messen. England hat hingegen gesagt: Die Unternehmen müssen selbst entscheiden, was gefährlich ist und was nicht. Dann war aber auch die Haftung heftig.
Führt so etwas nicht zu besonderer Risikoscheu, und dann fühlen sich die Unternehmen noch schlechter, weil alles so ungewiss ist?
Die deutschen Unternehmen wollen immer lieber so ein Zahlenkriterium haben. Aber lasst uns doch mal bitte erwachsen sein oder werden, liebe Unternehmen. Wenn ihr Entbürokratisierung auf Basis von Vertrauen fordert, dann müsst ihr diesem Vertrauen auch gerecht werden.
Sie haben sich selbst viel Arbeit gemacht, damit das Tesla-Werk in Grünheide schnell genehmigt wurde. Bereuen Sie das heute?
Das habe ich nicht eine Minute lang bereut. Obwohl die Zulassungszahlen gerade zurückgehen, hat das Werk seine Produktionsgeschwindigkeit erhöht und 300 neue Mitarbeiter unbefristet eingestellt. Tesla bedient ja praktisch die ganze Welt mit vier Fabriken. Selbst die Autos für Taiwan werden in Grünheide gebaut. Diese Fabrik ist für die Region eine Schlüsseleinrichtung geworden, jetzt kommen dort auch ganz andere Investitionen hin.
Ja, aber man muss zwischen dem Unternehmen und seinen Gesellschaftern unterscheiden. 60 Prozent des Unternehmens sind ja in Streubesitz, und Musk selbst hält nur zwölf Prozent und hat nur 20 Prozent der Stimmrechte.

Trotzdem ist er für das Unternehmen wichtig.
Es sieht so aus, als würde sein politischer Ausflug nicht mehr allzu lange dauern.
Kritik gibt es auch an der Fabrik selbst, zum Beispiel über Kontrollbesuche bei kranken Mitarbeitern.
Da geht es um 200 Fälle unter 12.000 Beschäftigten. Rechnen Sie mal runter, wie viel das bei einem 100-Mann-Betrieb wären. Ich glaube, jeder Geschäftsführer wird zugeben, dass er auch ein oder zwei schwarze Schafe hat.
Auch um die Sicherheit soll es nicht besonders gut stehen.
Wissen Sie, zu jeder schlechten Umfrage gibt es auch eine gute. An Tesla scheiden sich nun mal die Geister. Und schlechte Nachrichten verbreiten sich schneller als gute. Ich sage mal: Wenn es so schlimm wäre, dann würden in dem Werk viel mehr Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kündigen.