Trump und China: Jahrhundert-Sturm in der Autoindustrie

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Am Mittwoch beginnt, elf Flugstunden von Deutschland entfernt, die wichtigste Automesse der Welt. Auf der Auto Shanghai präsentieren Hersteller aus der ganzen Welt ihre neuen Modelle. Die große Leistungsschau in China fällt in eine Zeit der Mega-Umbrüche für Deutschlands größten Industriezweig. BMW, Mercedes, VW und die vielen großen und kleinen Autozulieferer müssen einen in der Branche beispiellosen Wandel wuppen. Der Wechsel vom Verbrennungsmotor zum Elektroantrieb und die wachsende Rolle von Software und Digitaltechnik im Auto stellen ihr Geschäft auf den Kopf.

In den vergangenen Monaten hat sich die Situation noch einmal deutlich zugespitzt. Was sich da zusammengebraut hat, sieht immer mehr nach einem Jahrhundert-Sturm aus, der rings um die Autofabriken tobt.

Allein der Volkswagen-Konzern hat seit Ende letzten Jahres den Abbau von insgesamt rund 45.000 Arbeitsplätzen in Deutschland angekündigt – 35.000 Jobs bei der Kernmarke VW, 7500 bei Audi und 3900 bei Porsche. Mercedes hat ebenfalls ein weitreichendes Kürzungsprogramm aufgelegt. Noch tiefer reicht die Krise bei den Zulieferern. Branchengrößen wie ZF und Conti streichen nicht nur zig Tausende Arbeitsplätze. Sie passen auch ihre Konzernstruktur radikal an: Continental schrumpft vom Autozulieferer zurück zum Reifenhersteller, ZF gliedert seine Kernsparte für Antriebstechnik aus.

Verdrängungswettbewerb in China

Gleich in zweierlei Hinsicht ist die Lage der deutschen Autoindus­trie jetzt ernster als noch vor wenigen Monaten. Erstens haben sich die Probleme der deutschen Hersteller in China nochmals verschärft. Und zweitens trifft sie nun auch der von Donald Trump angezettelte Handelskrieg in Nordamerika mit voller Wucht. China und die USA, das sind die beiden größten Automärkte der Welt – und in beiden brennt es.

In China hat BMW im ersten Quartal 17 Prozent weniger Fahrzeuge verkauft als im Vorjahr. Bei der VW-Edelmarke Porsche ist der Absatz sogar um 42 Prozent eingebrochen. In dem asiatischen Leitmarkt sind batterieelektrische Autos, aber auch Fahrzeuge mit Hybridantrieb viel wichtiger als im Westen. In beiden Antriebstechniken ist China führend. Hinzu kommt, dass elektronische Dienste von der Fahrassistenz bis zum Infotainment in China für die Kunden entscheidende Kaufkriterien geworden sind, bei denen die deutschen Hersteller nicht mithalten können.

Chinas Elektroauto-Champion BYD rollt in einem knallharten Verdrängungswettbewerb seinen unter Überkapazitäten leidenden Heimatmarkt auf. Newcomer wie der Handyhersteller Xiaomi, der erst vor einem Jahr sein erstes Auto auf den Markt gebracht hat, erobern in Windeseile Marktanteile. Die elektrische Sportlimousine von Xiaomi sieht aus wie ein Porsche Taycan, ist aber viel billiger und ähnlich leistungsstark.

Ungewissheit in den USA

In den USA ist das Gewitter noch schneller losgebrochen. Analysten schätzen, dass Trumps Zölle BMW und Mercedes dieses Jahr jeweils mehr als zwei Milliarden Euro an operativem Gewinn kosten könnten. Bei VW könnten es mehr als drei Milliarden sein. Das wäre ein Fünftel ihrer operativen Gewinne. Ob es bei den US-Importsteuern bleibt, weiß niemand. Doch genau das ist das Problem: Die Ungewissheit ist Gift. Durch Trump ist der amerikanische Automarkt auf Jahre hinaus weitgehend unkalkulierbar geworden.

Ein schneller Ausweg aus der Klemme ist nicht erkennbar. Der Bau neuer Fabriken in den USA, mit denen die deutschen Autobauer die Importzölle vermeiden könnten, würde Jahre dauern und Milliarden kosten. Und wenn sie schließlich fertig wären: Gibt es die Zölle und den Handelskrieger Trump dann überhaupt noch?

Die Doppelkrise im Osten in China und im Westen in Amerika trifft die deutschen Hersteller zum ungünstigsten Zeitpunkt, mitten im größten technologischen Umbruch in der Geschichte des Automobilbaus. Das macht die Lage für sie so gefährlich. Denn um den Anschluss an die Konkurrenz zu halten, müssen die Autokonzerne und ihre Zulieferer jetzt viele Milliarden investieren, in Elektroautos, Batterietechnik und schlaue Elektronik. BMW, Mercedes und VW verfügen über starke Bilanzen. Aber um diese Investitionsbudgets auf Dauer finanzieren zu können, braucht es Gewinne. Und die brechen jetzt in Ost und West zugleich weg.