Wer wird Nachfolger von Papst Franziskus?

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Eine Anstandsfrist gibt es in diesem Fall auch für Päpste nicht: Schon Wochen vor Franziskus’ Tod am Montag nahmen die Spekulationen über seinen möglichen Nachfolger Fahrt auf. Lange bevor der 88 Jahre alte Papst Mitte Februar in die Gemelli-Klink gebracht wurde, kursierten in Rom Namen von Kardinälen, die als „papabile“ gelten, also als aussichtsreiche Kandidaten für das Papstamt.

Aber wer hat die besten Chancen auf die Nachfolge von Franziskus? Seriös vorhersagen lässt sich das vor einem Konklave nicht. Das hat die Wahl von Franziskus aufs Neue gezeigt. Vor dem Konklave im März 2013 hatten den Erzbischof von Buenos Aires nur wenige Auguren auf dem Schirm, der schließlich alle die als Topfavoriten galten, ausstach.

Italienisch- und Spanisch-Kenntnisse helfen

Grundsätzlich kann jeder der derzeit 135 wahlberechtigten Kardinäle aus 71 Staaten zum Papst gewählt werden. Dennoch gibt es durchaus Eigenschaften, welche die Chancen erhöhen, zum Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche gewählt zu werden. Dabei unterscheidet sich eine Papstwahl in Vielem kaum von anderen Wahlen.

Gute Chancen haben jene Kardinäle, die über die Grenzen ihres Landes hinaus bekannt sind und über ein großes Netzwerk verfügen. Förderlich sind dabei neben Englisch-Kenntnissen vor allem Italienisch- und Spanisch-Kenntnisse, weil dies die beiden einflussreichsten Sprachgruppen im Kardinalskollegium sind. Aber auch Kardinäle, die über gute Kontakte zu internationalen katholischen Gemeinschaften mit großem Einfluss im Vatikan verfügen, wie etwa Sant’Egidio, sind im Vorteil. Denn vor Papstwahlen werben solche Gemeinschaften für bestimmte Kandidaten.

Päpste seit 1800


Franziskus war vor seiner Wahl schon unter den Kardinälen im übrigen Lateinamerika und darüber hinaus bekannt, weil er eine wichtige Rolle während einer Vollversammlung der lateinamerikanischen und karibischen Bischofskonferenzen im Jahr 2007 im brasilianischen Aparecida gespielt hatte. Dort war er maßgeblich an der Abfassung eines wegweisenden Abschlussdokuments beteiligt und hatte sich dadurch Ansehen erworben.

Ein Posten im Vatikan ist nicht immer hilfreich

In noch weitaus stärkerem Maße galt das für seinen Vorgänger Benedikt XVI. Der deutsche Kardinal war als langjähriger Präfekt der Glaubenskongregation und theologisches Alter Ego von Johannes Paul II. einer der bekanntesten Kardinäle der Weltkirche überhaupt. Johannes Paul II. wiederum hatte einflussreiche Fürsprecher unter den deutschsprachigen Kardinälen und hatte sich als Kardinal durch eine rege Reisetätigkeit auch jenseits des Eisernen Vorhangs einen Namen gemacht.

Sein Vorgänger Paul VI. (1963 bis 1978) wiederum war als langjähriger Mitarbeiter von Pius XII. ebenfalls kein Unbekannter mehr. Als ein möglicher Nachfolger von Franziskus aus dem Vatikan wird schon seit längerem etwa der Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin genannt, die Nummer zwei im Vatikan nach dem Papst. Eine Tätigkeit im Vatikan kann jedoch auch von Nachteil sein, wenn die allgemeine Stimmung in der Weltkirche sich gegen die Zentrale richtet.

Das war vor dem Konklave 2013 der Fall, als sich viele Kardinäle über Zentralismus und Selbstherrlichkeit der vatikanischen Behörden beschwerten. Zumindest in Rom ist zu hören, dass sich manche Kardinäle diesmal einen Papst wünschten, der vatikanischen Stallgeruch habe und sich mit dem Verwaltungsapparat auskenne, nachdem die letzten drei Päpste die römische Zentrale vernachlässigt haben: Johannes Paul II. reiste lieber, Benedikt XVI. schrieb lieber Bücher und Franziskus schimpfte über die Kurie oder überging sie.

Wenn Päpste einen Nachfolger empfehlen

Seit Franziskus die Bischofssynoden, Versammlungen von Bischöfen und Laien aus aller Welt im Vatikan im Abstand von zwei bis drei Jahren, aufgewertet hat, gelten auch deren Organisatoren manchem als papabile. Auch sie haben den Vorteil, dass sie alle Kardinäle von den Synoden kennen. In Rom wird daher schon seit einiger Zeit etwa der Name des Luxemburger Erzbischofs Jean-Claude Hollerich genannt, der als sogenannter Generalrelator eine der zentralen Figuren der Weltsynode im vergangenen Oktober war.

Das Papsttum ist eine Wahlmonarchie. Seinen Nachfolger bestimmen kann ein Papst nicht. Aber er kann seinen Wunschkandidaten als Nachfolger aufbauen, indem er ihm etwa ein Amt verschafft, in dem er sich profilieren kann, oder er kann einen Fingerzeig geben. Bei Johannes Paul II. und Benedikt XVI. gibt es zumindest Indizien dafür, dass der polnische Papst sich seinen Präfekten der Glaubenskongregation als Nachfolger wünschte.

So beauftragte der schon dem Tode nahe Johannes Paul den seinerzeitigen Kardinal Joseph Ratzinger kurz vor seinem Tode im Frühjahr 2005 damit, ihn bei der Feier der Karwoche und der Ostergottesdienste zu vertreten. Das konnte man durchaus als Fingerzeig deuten. Allerdings ist unklar, ob Johannes Paul II. diese Entscheidung noch selbst getroffen hat.

Und Franziskus? Einige Zeit galt der Erzbischof von Manila, Kardinal Luis Tagle als Wunschnachfolger des argentinischen Papstes. Er hatte während eines Gottesdienstes in der philippinischen Hauptstadt im Beisein Tagles gesagt, die Zukunft der Kirche liege in Asien. Als Franziskus Tagle 2019 nach Rom holte und ihn an der Spitze der einflussreichen vatikanischen Behörde für die Kirche in den ehemaligen Missionsgebieten betraute, die für große Teile Afrikas und Asiens zuständig ist, werteten das manche Beobachter als Indiz dafür, dass Franziskus einen Nachfolger aufbauen wolle.

Seit Franziskus ihn 2022 jedoch seines Amtes als Präsident des weltweiten Caritas-Dachverbandes enthob, wird Tagle nicht mehr als möglicher Nachfolger genannt, zumal er sich im Vatikan nicht profiliert hat. Ein neuer Faktor kommt in diesem Konklave hinzu, der 2013 noch nicht so stark im Bewusstsein der Papstwähler war: der Missbrauchsskandal. Chancen zum Papst gewählt zu werden, dürfte nur ein Kandidat haben, von dem sich mit ziemlicher Sicherheit ausschließen lässt, dass er in dieser Hinsicht Leichen im Keller hat.

Das begünstigt tendenziell jüngere Kandidaten, die erst seit einigen Jahren ein Bistum leiten. Gegen sie spricht wiederum, dass viele Wähler kein Pontifikat wollen, das möglicherweise 25 bis 30 Jahre dauert. Ultrakonservative Katholiken haben schon vor einiger Zeit Listen von Kardinälen veröffentlicht, die aus ihrer Sicht nicht in Frage kommen als Papst, weil sie im Umgang mit sexuellem Missbrauch Fehler begangen haben. Und schließlich nennen Papstwähler im Gespräch stets noch einen Faktor im Konklave, der sich jeder Prognose entzieht: das Wirken des Heiligen Geistes.