Schwalben, Regenwürmer, Fliegen: Nicht nur sie hätten es jetzt gern feuchter

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Stand: 24.04.2025 06:08 Uhr

Von Aprilwetter ist bisher nicht viel zu spüren, es ist in vielen Regionen zu trocken und es gibt vergleichsweise hohe Temperaturen. Dieser Mix bringt nicht nur Pflanzen in Bedrängnis, sondern auch die Tierwelt.

Wenn jetzt im April die Schwalben mit dem Nestbau starten, wird der in diesem Jahr womöglich etwas länger dauern. Denn angesichts der bisherigen Frühjahrstrockenheit stehen sie vor der Herausforderung: Woher bekommen sie genug feuchten Lehm, um an Dachrändern oder Felsvorsprüngen ihre allbekannten kugeligen Nester zu bauen?

Außerdem stellt sich die Frage: Werden die Schwalben und ihr Nachwuchs satt werden? Schwalben sind Insektenfresser und ernähren sich etwa von Fliegen und Mücken, Schmetterlingen oder Käfern – und auch deren Nachwuchs tut sich derzeit schwer, vor allem, wenn er sich im Boden entwickelt.

Trockene Böden sind keine gute Insekten-Kinderstube

Der Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Leipzig zeigt, dass die aktuelle Trockenheit ganz besonders die oberste Bodenschicht bis in eine Tiefe von 30 Zentimetern betrifft. Das ist der Mutterboden, die Ackerkrume, also der oberste und fruchtbarste Teil des Erdbodens, in dem unter anderem eine große Menge an Bodenlebewesen lebt.

Jetzt im Frühling sollten sich hier auch viele junge Insekten entwickeln – am bekanntesten unter ihnen sind die Engerlinge, die Larven der Maikäfer – und das bremst die Dürre aus.

Die größte Insektengruppe, die das betrifft, kennt allerdings kaum jemand: Es sind die Springschwänze, winzige flügellose Insekten. Von ihnen leben in Mitteleuropa mindestens 300 Arten. Sie haben eine Art gegabelten Schwanz, mit dem sie springen können.

Sie fressen vor allem abgestorbene, organische Substanz, wie Pflanzenreste. Springschwänze gehören zu den Top-Zersetzern, und tragen ganz besonders dazu bei, dass Humus entsteht. Gäbe es also keine Springschwänze, wären die Böden weniger fruchtbar.

Folgt dem trockenen Frühjahr ein ertragsarmer Sommer?

Das bedeutet aber im Umkehrschluss auch: Folgen Dürre-Ereignisse zu oft und zu schnell aufeinander, und haben Springschwänze und andere Bodentiere zu wenig Zeit, um sich zu regenerieren und an neue Umwelt-Bedingungen anzupassen, dann hat das auch Auswirkungen auf die Bodenfruchtbarkeit.

Die Trockenheit beeinflusst so also ganze ökologische Netzwerke und alle Organismengruppen im Boden. Darunter sind auch Fliegen und Mücken, von denen viele Arten als Larven im Boden leben. In diesem Lebensabschnitt haben sie eine zarte Haut, die keine Trockenheit verträgt. Der weiche Madenkörper kommt am besten in weichem, feuchtem Boden vorwärts. Können sich die Fliegenmaden und Mückenlarven nicht entwickeln und als erwachsene Tiere aus dem Boden krabbeln, fehlt Nahrung für Fledermäuse oder Vögel, wie Schwalben.

Ökologischer Domino-Effekt

Bezogen auf das beispielhafte Ökosystem Boden setzt die Trockenheit also eine Art ökologischen Domino-Effekt in Gang, weil alle Lebewesen in einem “Netz des Lebens” miteinander interagieren. Sie tangiert somit nicht nur Springschwänze, Mücken und Fliegen, sondern auch Milben, Bakterien oder Regenwürmer.

Die Regenwürmer etwa ziehen sich bei Trockenheit in tiefere Bodenschichten zurück, einige Arten verfallen sogar in eine Art “Dürreschlaf” – und dann kommen beispielsweise Vögel wie Drosseln nicht mehr an eines ihrer Lieblingsfuttertiere.

Weil weniger Regenwürmer auf Nahrungssuche durch den Boden kriechen, verliert der außerdem an Lockerheit. Und weil die Regenwürmer keine Pflanzenteile mehr zum Fressen in ihre Wohnröhren ziehen, wird auch die Kohlenstoffspeicherung im Boden beeinträchtigt. Denn die Pflanzenteile enthalten viel Kohlenstoff.

Klima und biologische Vielfalt: ihr Schutz hängt zusammen

Allein diese wenigen Beispiele zeigen, dass es ernst zu nehmende Folgen hat, wenn unsere Böden zu lange von Trockenheit betroffen sind. Um etwas dagegen zu tun, ist Klimaschutz das eine, das andere ist, die Biodiversität zu schützen.

Der Weltvogelpark Walsrode in Niedersachsen etwa arbeitet eng mit dem Verein Naturschutzpark Lüneburger Heide zusammen – zum Schutz der Schwalben in der Heidelandschaft. Wichtig ist dabei vor allem das Anlegen von Lehmkuhlen, damit das Material für den Nestbau der Schwalben gesichert ist.

Doch biologische Vielfalt schützen, heißt nicht nur, Arten und Lebensräume bewahren, so die Tierschützer. Sondern es heißt auch: genetische Vielfalt schützen. Das bedeutet: Wenn in einem biologisch bewirtschafteten Boden zahlreiche Regenwürmer, Springschwänze oder Milben sind, dann unterscheiden diese sich innerhalb ihrer jeweiligen Art auch ein wenig in ihrem Erbgut.

So wie sich zwei Menschen auch genetisch etwas unterscheiden, obwohl sie erkennbar Menschen sind. Und diese genetische Variabilität erhöht die Chance, dass unter den Regenwürmern, Springschwänzen oder Milben auch Exemplare sind, die besonders gut mit Trockenheit umgehen können und die Nachwuchs kriegen, der auch besser an Trockenheit angepasst ist. Und dieser macht dann auch einen guten Job im ökologischen Netzwerk.