Neuer Wirkstoff in der Therapie

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Ein neuer Wirkstoff könnte die Behandlung von schweren allergischen Reaktionen verbessern. Das berichten Forscher der Universität Bonn.

Viele Erkrankungen wie Asthma, Reizdarm, Migräne oder chronischer Juckreiz lassen sich bislang nur schwer behandeln. Ausgelöst werden sie häufig dadurch, dass das Immunsystem überempfindlich auf bestimmte Auslöser reagiert. Forscher der Universität Bonn haben nun einen Wirkstoff entdeckt, der gezielt eine zentrale Immunreaktion verhindert.

Im Fokus stehen dabei sogenannte Mastzellen – das sind Immunzellen, die in Haut und Schleimhäuten sitzen und entzündungsfördernde Stoffe speichern. Bei Kontakt mit einem Allergen setzen sie diese Stoffe frei und lösen Symptome wie Schwellung, Juckreiz oder Entzündung aus.

Besonders problematisch: Mastzellen können auch direkt aktiviert werden – also, ohne dass Antikörper daran beteiligt wären. “Dadurch werden ebenfalls allergische Reaktionen ausgelöst, mit dem Unterschied, dass diese bis heute nur schlecht zu behandeln sind”, erklärte Christa Müller, Leiterin der Pharmazeutischen und Medizinischen Chemie an der Universität Bonn, in einer Pressemitteilung.

Bereits vor 15 Jahren entdeckten Müller und ihr Team einen bislang unbekannten Schalter auf Mastzellen, den Rezeptor mit der kryptischen Bezeichnung MRGPRX2. Wird er betätigt, ist eine sehr heftige lokale Entzündungsreaktion die Folge. “Um das zu verhindern, müsste man den Schalter irgendwie blockieren”, sagte Müller. “Die Frage war nur: wie?”

Die Forscher testeten rund 40.000 Substanzen auf ihre Fähigkeit, MRGPRX2 zu blockieren. Schließlich wurden sie fündig: In Tests an Mäusen konnte der neue Wirkstoff an den Rezeptor andocken und so allergische Reaktionen verhindern. In Kooperation mit der Charité Berlin prüften die Forscher außerdem die Wirkung auf menschliche Mastzellen. Auch hier stoppte das Molekül die Freisetzung entzündungsfördernder Stoffe.

Besonders wichtig: Die Substanz wirkte gezielt nur auf MRGPRX2 und griff keine anderen Rezeptoren an. Zudem wurde sie im Körper nicht sofort abgebaut, sondern blieb lange genug aktiv – eine wichtige Voraussetzung für den möglichen Einsatz als Medikament.

“Wir halten den Wirkstoff für sehr vielversprechend”, so Müller. Bis zur Anwendung beim Menschen seien jedoch weitere Studien nötig. Sollte sich der neue Rezeptor-Blocker bewähren, könnten künftig viele Patienten profitieren: etwa Menschen mit chronischen Entzündungen im Magen-Darm-Trakt, der Haut oder den Atemwegen. Auch schwere allergische Schocks könnten verhindert werden.