„Der Tropenwald ist vollkommen anders, als man in den Lehrbüchern liest“, sagt Rosie Trevelyan. „Er ist viel spannender und viel komplexer.“ Trevelyan ist eine britische Biologin und Direktorin des Cambridge-Büros der Tropical Biology Association. Um Problemen wie dem Klimawandel zu begegnen, brauche es mehr Menschen, die sich für den Erhalt der Natur engagierten, sagt sie. Um die „Naturschützer der Zukunft“ auch abseits der Hörsäle auszubilden, organisiert die Biologin weltweit Kurse in Tropenwäldern.
Trevelyan ist eine der diesjährigen Träger des „Frankfurt Conservation Awards“. Die Bruno-H.-Schubert-Stiftung hat den Preis am Donnerstagabend im Festsaal des Senckenberg Forschungsinstituts verliehen.

Die Gewinner wählte die Stiftung gemeinsam mit ihren Partnerorganisationen, der Goethe-Universität, der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt (ZGF) und der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung aus. Die Stiftung zeichnet damit außergewöhnliche Leistungen für den Schutz der biologischen Vielfalt aus. Der mit jeweils 15.000 Euro dotierte Preis wurde in den Kategorien Lehre, Forschung und Angewandter Naturschutz verliehen.
„Wir nutzen den Tropenwald als unseren Outdoor-Klassenraum.“ Dort gebe es viele Wechselwirkungen, sagt Trevelyan, die in der Kategorie Lehre ausgezeichnet wurde. Manche studierten Pflanzen, andere die Tierwelt. „Aber natürlich interagiert all das miteinander.“ Mehr als 3000 junge Menschen aus 70 verschiedenen Ländern habe ihre Organisation mittlerweile ausgebildet, sagt sie. Einige leiteten jetzt NGOs, arbeiteten für Regierungen oder hätten sich selbst der Ausbildung der nächsten Generation verschrieben.
Einer ihrer ehemaligen Studenten ist der vietnamesische Primatologe Hà Thăng Long, der an diesem Abend mit dem Preis in der Kategorie Angewandter Naturschutz ausgezeichnet wurde. Mittlerweile ist er Projektleiter der ZGF in Vietnam. Der ursprüngliche Grund, weshalb er heute hier stehe, sei aber „dieser Kerl hier“, sagt er und deutet auf ein Plakat, das neben ihm aufgestellt ist. Es zeigt einen Grauschenkligen Kleideraffen in seiner ganzen bunten Pracht.

Als er 1999 seine Arbeit in einem vietnamesischen Primatenschutzzentrum begann, sei die bedrohte Spezies noch weitgehend unbekannt gewesen. Fortan widmet ihr Hà Thăng sein ganzes Leben. Er schreibt seine Master- und Doktorarbeit über sein „geliebtes Tier“. Gemeinsam mit der ZGF baute er in Vietnam über elf Jahre ein Biosphärenreservat auf, in dem auch der Grauschenklige Kleideraffe beheimatet ist. Abholzungen für den Anbau von Kaffee und Kakao gefährdeten sein Habitat. Früher sei das Tier auch gejagt worden. Mit seinen Kollegen entwickelte der Biologe ein Programm, mit dem sich Populationen, aber auch Bedrohungen wie Jagdfallen verfolgen lassen.
Der Preis in der Kategorie Forschung ging an die Philippinerin Joji Cariño. Sie ist Mitglied eines internationalen Expertenrats, der sich mit dem Übergang zu nachhaltigen Ernährungssystemen beschäftigt.

Weiter setzt sie sich für die Rechte der indigenen Bevölkerung und den Erhalt ihres Wissens um den nachhaltigen Anbau von Nahrung ein. Zu diesem Zweck, arbeite sie mit indigenen Gemeinschaften der Philippinen, Wissenschaftlern und Regierungen zusammen, sagt sie.Industrielle Ernährungssysteme führten überall in der Welt zu Problemen. Die industrielle Produktion kenne nur wenige Saattypen.
Indigene hingegen nutzten eine ganze Bandbreite genetisch unterschiedlicher Saatgüter. Monokulturen seien sehr anfällig für Schädlinge, sagt sie. Auch aus diesem Grund sei es wichtig, die genetische Vielfalt der indigenen Nahrungssysteme zu untersuchen und zu erhalten. „Ich lerne immer dazu, wenn ich mich mit den Gemeinschaften treffe.“