Zahl der Toten nach der Explosion in Iran steigt

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Nach der verheerenden Explosion im wichtigsten Containerhafen Irans ist die genaue Ursache weiter unklar. Die Zahl der Todesopfer stieg auf 25, wie der Chef der Justizbehörde der Provinz Hormusgan, Modschtaba Ghahramani am Sonntag mitteilte. Etwa 800 Personen wurden laut der Katastrophenschutzbehörde nach der Explosion am Vortag im Schahid-Radschai-Hafen der Großstadt Bandar Abbas medizinisch versorgt. Die Löscharbeiten dauerten am Sonntag noch an. Auch Flugzeuge der Revolutionsgarde beteiligten sich daran.

Die Explosion ereignete sich am selben Tag, an dem in Oman iranische und amerikanische Unterhändler zu Verhandlungen über eine Lösung im Konflikt um das iranische Atomprogramm zusammenkamen. Hinweise auf einen Zusammenhang gab es zunächst nicht. Von offizieller Seite gab es keine Äußerungen, die auf einen Sabotageakt hindeuten würden. In iranischen Medien wurde aber darüber spekuliert. Die reformorientierte Zeitung „Ham Mihan” schrieb: „Es ist unwahrscheinlich, dass die Gleichzeitigkeit der Explosion mit den US-Iran-Gesprächen ein Zufall ist.“ Die dem Obersten Führer nahestehende Zeitung „Kayhan“ beschuldigte jene, die über Sabotage spekulierten, „Fake News“ des Feindes zu verbreiten.

Es könnte sich um Raketentreibstoff handeln

Die iranische Katastrophenschutzbehörde benannte „Chemikalien in Containern“ als Ursache der Explosion und schien einen fahrlässigen Umgang mit den Substanzen anzudeuten. Auf mögliche Gefahren habe die Behörde bei früheren Inspektionen hingewiesen, sagte ein Sprecher. Um welche Chemikalien es sich handle, sagte er nicht. Präsident Massud Peseschkian ordnete eine umfassende Untersuchung an. Generalstaatsanwalt Mohammad Mowahedi versprach ein entschlossenes Vorgehen gegen „jegliche Personen, die für den Vorfall verantwortlich sein oder ihn durch Fahrlässigkeit verursacht haben könnten“.

Die „New York Times“ berichtete unter Berufung auf eine Person mit Verbindungen zur Revolutionsgarde, bei dem explodierten Stoff handle es sich um Natriumperchlorat, das bei der Herstellung von Festtreibstoff für Raketen verwendet wird. Die Nachrichtenagentur AP zitierte die britische Sicherheitsfirma Ambrey mit der Aussage, im März sei eine Ladung mit „Natriumperchlorat-Raketentreibstoff“ aus China in den Hafen von Bandar Abbas gebracht worden. Im Januar hatte die „Financial Times“ berichtet, dass eine solche Lieferung von mehr als 1000 Tonnen Natriumperchlorat geplant sei. Zwei iranische Schiffe sollten die Substanz, aus der genügend Ammoniumperchlorat für die Herstellung von Treibstoff für 260 Mittelstreckenraketen gewonnen werden könne, von Schanghai nach Bandar Abbas bringen, hieß es in dem Bericht. Israel hatte bei einem Angriff auf Iran im vergangenen Jahr die Fähigkeiten des Landes zur Herstellung von Trockentreibstoff gezielt verringert.

Größter Hafen Irans

Iran kommentierte den Bericht der „New York Times“ zunächst nicht. In iranischen Medien wurde bezweifelt, dass Stoffe von solcher militärischen Bedeutung in einem kommerziellen Hafen gelagert werden würden. Die Revolutionsgarde betreibt in Bandar Abbas einen eigenen Marinestützpunkt, der weit außerhalb des betroffenen Hafens liegt. Über diesen werden Schätzungen zufolge rund 80 Prozent des iranischen Containerhandels abgewickelt. Der iranische Investor und Wirtschaftsanalyst Abdollah Babakhani schrieb auf der Plattform X, eine Unterbrechung der Arbeiten in dem strategisch wichtigen Hafen – „selbst für zwei Wochen“ – könne die Wirtschaft des Landes signifikant beeinträchtigen.

Infrastrukturministerin Farzaneh Sadegh sagte am Sonntag, nur ein Teil des Hafens sei betroffen. In anderen Teilen würden weiter Güter verladen. Der staatliche Ölkonzern NIORDC beeilte sich, klarzustellen, dass keine seiner Raffinerien, Treibstofflager oder Ölpipelines in der Region betroffen seien. Der iranische Botschafter im Libanon, Modschtaba Amani, wies die in sozialen Medien kursierenden Vergleiche mit der Explosion im Hafen von Beirut im August 2020 zurück. Damals waren Hunderte Tonnen Ammoniumnitrat detoniert. Mehr als 200 Personen waren getötet worden.