Springworks Therapeutics: Merck mit milliardenschweren Pharmadeal

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Drei Milliarden Euro für den Kauf eines US-Biotechnologieunternehmens: Mit diesem Aufschlag ist der Darmstädter Dax-Konzern Merck in die neue Woche gestartet. Dass die Südhessen ein Auge auf Springworks Therapeutics geworfen haben, das mit seiner Spezialisierung auf seltene Erkrankungen und Krebs gut zum Zuschnitt des Pharmaportfolios von Merck passen würde, war schon im Februar Thema, als der sich anbahnende Deal öffentlich wurde. Jetzt ist er in trockenen Tüchern und Merck-Chefin Belén Garijo kann den zweitgrößten Zukauf des Unternehmens im Pharmageschäft verkünden.

47 US-Dollar je Springworks-Aktie zahlt Merck für die Übernahme. Die Transaktion wird zum Teil mit neuen Schulden finanziert werden, wie es am Montag aus Darmstadt hieß. Mit einem positiven Effekt auf den Gewinn je Aktie wird ab dem Geschäftsjahr 2027 gerechnet. Der Zukauf soll im zweiten Halbjahr 2025 abgeschlossen werden. Zuvor müssen die Aktionäre von Springworks und die Behörden dem Deal noch zustimmen.

Deal verspricht direkte Umsatzzuwächse

Für die in diesem Sommer 65 Jahre alt werdende Garijo ist der Zukauf mehrfach attraktiv. Nicht nur füllt sie damit die nach zwei herben Flops der eigenen Forschungsabteilung inzwischen leergefegte Pipeline fortgeschrittener Pharmaentwicklungen auf. Hier hat Springsworks mindestens drei Präparate in der Entwicklung zu bieten. Garijo sichert sich durch den Kauf von Springsworks, das eine Ausgliederung des US-Pharmariesen Pfizer ist, auch zwei schon für den US-Markt zugelassene Medikamente. Weitere Zulassungsanträge in Europa laufen und könnten in diesem Jahr noch zum Markteintritt führen.

Somit sorgt der Zukauf gleich für weitere Umsätze in Millionenhöhe im Pharmageschäft, das zuletzt die Umsatzentwicklung der auf insgesamt drei Sparten verteilten Konzernaktivitäten antrieb. Einem der beiden Springworks-Präparate, Ogsiveo zur Behandlung von fortgeschrittenen Weichteiltumoren (sogenannten Desmoidtumoren), trauen Analysten ein Umsatzpotential von bis zu einer Milliarde Dollar zu. Ein weiteres sogenanntes Blockbuster-Medikament wäre Merck sehr willkommen. Bislang stützten sich die Darmstädter schließlich stark auf das alte Krebsmedikament Erbitrux und die durch Patentausläufe bedrohte Pille Mavenclad zur Behandlung von Multipler Sklerose. Laut Finanzdienstleister Bloomberg Intelligence könnte Springworks mittelfristig bis zu 1,5 Milliarden Euro zum Jahresumsatz von Merck beitragen.

Und dann ist Springworks mit Sitz in Stamford im US-Bundesstaat Connecticut auch noch ein amerikanisches Unternehmen. Das ist in Zeiten des Handelskriegs ein wesentlicher Faktor im Pharmageschäft, das Donald Trump in seiner Zollwut absehbar ins Visier nehmen könnte, nachdem er den Sektor bislang weitgehend verschonte hatte. Merck-Chefin Garijo betonte in der Mitteilung des Unternehmens zur Akquisition denn auch ausdrücklich, dass der Dax-Konzern mit dem Zukauf die Präsenz in den USA stärke.

Weitere Zukäufe finanziell möglich

Darin ließ sie auch keinen Zweifel daran, dass Merck auch in Zukunft in der Lage wäre, größere Akquisitionen in den drei Geschäftsbereichen stemmen zu können. Für größere Transaktionen steht hier strategisch vor allem die größte Merck-Sparte, das Zulieferergeschäft für die Pharmaindustrie Life Science, im Fokus. Für sie hatte der Familienkonzern im Jahr 2015 den größten Zukauf in der Unternehmensgeschichte getätigt. Die Übernahme des US-Laborausrüsters Sigma-Aldrich hatte Merck sich damals 13 Milliarden Euro kosten lassen.

Dass Garijo nun einen Milliardendeal im Pharmageschäft durchzieht, weicht von der Strategie auf den ersten Blick zwar ab. Doch die Spanierin war zugleich auch gefordert, der ausgedünnten Pipeline neue Medikamentenentwicklungen hinzuzufügen. Mit zwei zugelassenen Präparaten ist das Risiko aber weitaus geringer, als es für Biotech-Übernahmen im umkämpften Pharmamarkt häufig der Fall ist. Oft werden Milliardensummen für Unternehmen mit Präparaten in der Entwicklung aufgerufen, die auf dem Weg zur Marktreife bis zuletzt noch scheitern können.

Kein Kursfeuerwerk an der Börse

Ferner kommt Merck mit drei Milliarden Euro beziehungsweise 3,9 Milliarden Dollar noch etwas günstiger weg als der zwischenzeitlich durch den zeitweise starken Anstieg der Springworks-Aktie kolportierte Kaufpreis von bis zu fünf Milliarden Dollar. Analysten hatten das für wenig attraktiv befunden und Bedenken geäußert, dass Merck dann Geld für andere Zukäufe im Life Science Geschäft fehlen dürfte. Wohl auch deshalb unterstrich Garijo in ihrer Kommentierung die Finanzkraft der Darmstädter.

Die Börse reagierte dennoch mit Zurückhaltung auf den Deal. Die Merck-Aktie startete im Dax mit einem leichten Minus in die Woche und drehte dann leicht ins Plus. Seit Jahresbeginn steht vor allem wegen der Unsicherheiten im Pharmageschäft ein zweistelliges Kursminus zu Buche. „Die Übernahme dürfte das Umsatzwachstum des Gesundheitsbereichs von Merck beschleunigen, der bislang ein wichtiger Punkt der Besorgnis war“, kommentierten die Analysten von Morgan Stanley den Zukauf. „Aus strategischer Sicht sehen wir den Deal als Fortsetzung der jüngsten Bemühungen, das Onkologie-Portfolio mit Schwerpunkt auf seltenen Tumoren zu stärken.“