Lange Zeit hat der Waffenhersteller Heckler & Koch nur klassische Sturmgewehre, Maschinengewehre, Granatwerfer und Pistolen geliefert. Aber die Zahl der Kunden, die Komplettlösungen verlangen, nimmt seit Jahren zu. „In den letzten fünf Jahren hat sich da etwas geändert“, sagte Vorstandschef Jens Bodo Koch anlässlich der Vorlage der Bilanz für 2024. Er forcierte den Ausbau zum Systemanbieter. Hierbei verkauft das in Oberndorf im Nordschwarzwald ansässige Unternehmen nicht nur die Waffe, sondern auch Zusatzkomponenten wie Schalldämpfer und Laser-Licht-Module.
Zugleich dringt das Unternehmen nun in ein neues Geschäftsfeld vor. Es will künftig Granatwerfer anbieten, die mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz Drohnen abschießen können. Drohnen seien für Infanteristen eine große Bedrohung, gegen die es bislang nur wenige Lösungen gebe. Koch rechnete damit, dass die neue Waffe Ende des Jahres auf den Markt kommen wird.
„2024 war insgesamt ein sehr starkes Jahr“, sagte Koch. Als Folge des Ukrainekriegs machte der Waffenhersteller mit etwas mehr als 1200 Beschäftigten gute Geschäfte. Der Umsatz kletterte um 13,9 Prozent auf 343,4 Millionen Euro. Das seien die höchsten Erlöse in der Unternehmensgeschichte gewesen. Das operative Ergebnis (Ebitda) habe um 1,4 Prozent auf 63,1 Millionen Euro zugelegt. Der Gewinn unter dem Strich nahm um 9,6 Prozent auf 31,5 Millionen Euro zu. Das Plus beim Auftragseingang betrug laut Mitteilung fast 50 Prozent, er erreichte 426,2 Millionen Euro.
„Innere und äußere Sicherheit derzeit erheblich unter Druck“
Koch sagte, das Unternehmen sei strategisch gut aufgestellt, um in einem anspruchsvollen Umfeld weiter zu wachsen. Für das laufende Jahr wird mit einem Umsatzwachstum zwischen 5 und 10 Prozent gerechnet. Koch sagte: „Die Nachfrage nach unseren Produkten zeigt, dass die innere und äußere Sicherheit derzeit erheblich unter Druck stehen.“
Kunden von Heckler & Koch sind die Bundeswehr sowie andere Armeen von Nato-Staaten, etwa von Frankreich, Großbritannien und Norwegen. Durch die Zunahme der russischen Bedrohung seit der Krim-Annexion 2014 und dem Beginn des Ukrainekriegs 2022 ist die Nachfrage nach Handfeuerwaffen gestiegen. Auch baltische Staaten kauften bei H&K ein. Zudem bezieht die Polizei Waffen der Schwarzwälder Rüstungsschmiede. Auch spielt in den USA der Verkauf an Privatleute eine größere Rolle für das Unternehmen.
Investitionen in den USA
In Georgia in den USA betreibt das Unternehmen ein Pistolen-Montagewerk mit rund 100 Beschäftigten. Hier will H&K in den kommenden beiden Jahren knapp 20 Millionen Euro investieren und die Produktion ausbauen. „Als transatlantisches Unternehmen legen wir einen besonderen Fokus auf unser Geschäft in den USA, das wir im laufenden Geschäftsjahr sowohl im Behörden- als auch im Zivilmarkt weiter stärken“, ließ sich der Vorstandsvorsitzende in einer Mitteilung zitieren.
Große Konkurrenten des deutschen Mittelständlers sind Beretta aus Italien, der Colt-Mutterkonzern CZ aus Tschechien und FN Herstal aus Belgien. Heckler & Kochs Marktanteil für Handfeuerwaffen liegt nach eigener Schätzung früheren Angaben bei knapp zwei Dritteln. In den USA – dem größten Waffenmarkt der Welt – spielt das Unternehmen hingegen nur eine Nebenrolle, konnte dort unlängst aber Verkaufserfolge bei Polizei und Militärs verbuchen und zum Beispiel Waffen an die Texas Rangers liefern.
Das Unternehmen hatte 2024 den ersten größeren Zukauf seit längerer Zeit getätigt. Es übernahm den Oberndorfer Metallveredlung-Spezialisten Chrom-Müller und zahlte dafür einen hohen einstelligen Millionenbetrag. Chrom-Müller hat gut 100 Mitarbeiter, der Jahresumsatz lag zuletzt bei circa 10 Millionen Euro. Chrom-Müller ist schon Zulieferer gewesen. Der Galvanik-Spezialist macht Gewehr- und Pistolenrohre härter und verlängert somit die maximale Nutzungszeit der Waffen. Mit der Übernahme sichere man sich eine Schlüsselfähigkeit bei der Rohrfertigung, heißt es.
Der Mittelständler baute weiterhin seine Schulden ab. Sie betrugen zum Jahresende 95 Millionen Euro, wie Finanzvorstand Andreas Schnautz mitteilte. Größter Einzelkunde ist weiterhin Deutschland, allen voran die Bundeswehr. Heckler & Koch hatte sich bei der Ausschreibung für das neue Sturmgewehr der Armee durchgesetzt, welches das in die Jahre gekommene Gewehr 36 (G36) schrittweise ersetzen soll. Koch erwartete, dass Ende 2025 oder Anfang 2026 die ersten neuen Sturmgewehre ausgeliefert werden können. Binnen sieben Jahren soll die Firma rund 120.000 neue Waffen an die Bundeswehr liefern. Von der künftigen Bundesregierung erwartet der Manager eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Industrie in Deutschland. Es müsse vor allem Bürokratie abgebaut werden.