Die Mitteilung kam zwei Monate und viele Unstimmigkeiten später als geplant. Am Mittwochabend gab der amerikanische Finanzminister Scott Bessent schließlich bekannt, Washington und Kiew hätten sich auf ein Rohstoffabkommen geeinigt. Bessent äußerte, beim „Amerikanisch-ukrainischen Investitionsfonds für den Wiederaufbau“ handele sich um eine „historische wirtschaftliche Partnerschaft“, die den Wiederaufbau der ukrainischen Wirtschaft beschleunigen werde. Das Abkommen sei außerdem ein Zeichen an Russland, dass die Regierung Donald Trumps einen Frieden unterstütze, „der auf eine langfristig freie, unabhängige und wirtschaftlich starke Ukraine abzielt“.
Präsident Donald Trump und Präsident Wolodymyr Selenskyj wollten eine ähnliche Vereinbarung eigentlich schon Ende Februar unterzeichnen. Aber was als öffentlicher Schulterschluss geplant war, wurde damals zu einem öffentlichen Zerwürfnis. Trump warf Selenskyj nach einem Streit im Oval Office aus dem Weißen Haus und fror die Ukrainehilfen vorübergehend ein. Auch am Mittwoch stand die Unterzeichnung des Abkommens für einen Moment auf der Kippe. Noch am Nachmittag sagte Bessent, Kiew habe „in letzter Minute“ Änderungen gefordert. Doch wenige Stunden später schienen die Unstimmigkeiten ausgeräumt.
Wichtig für Friedensverhandlungen
Für Kiew ist das Rohstoffabkommen mit Washington ein wichtiges Element in den Verhandlungen für einen Frieden mit Russland. Über ein Ende des Krieges wird zwar getrennt verhandelt, doch wirtschaftliche Interessen Amerikas in der Ukraine garantieren dem Land einen gewissen Schutz. Darauf hatte Trump auch abwiegelnd verwiesen, als Präsident Wolodymyr Selenskyj für seinen „Siegesplan“ zunächst konkrete Sicherheitsgarantien forderte.
Der amerikanische Präsident bewarb das Rohstoffabkommen mit der Ukraine im eigenen Land zunächst mit dem Versprechen, so werde man Milliarden Dollar an seltenen Rohstoffen als Wiedergutmachung für geleistete Hilfszahlungen erhalten. Das hatte die Ukraine abgelehnt. Die endgültige Fassung, zu der sich zunächst nur Kiew im Detail äußerte, ist daher ein Zugeständnis an Kiew. Die ukrainische Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko, die zur Unterzeichnung nach Washington gereist war, hob am Mittwochabend in einem Beitrag auf X hervor, das Abkommen enthalte „keine Bestimmungen zu ukrainischen Schuldenverpflichtungen gegenüber den Vereinigten Staaten“. Es sei eine „gleichberechtigte Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern“.
Wie soll das aussehen?
Der künftige Wiederaufbaufonds wird je zur Hälfte von beiden Ländern finanziert. Laut Swyrydenko soll er in neue Projekte zur Förderung kritischer Rohstoffe, Öl, Gas und damit verbundener Infrastruktur in der Ukraine fließen. Die Entscheidung darüber, „was und wo“ gefördert werde, liege bei der Ukraine, schrieb die Ministerin. Jeglicher Boden bleibe in ukrainischem Besitz. Künftige Investitionen sollen jedoch „von beiden Partnern gemeinsam“ ausgewählt werden.
Außerdem dürfe der Fonds ausschließlich in der Ukraine investieren. „Wir erwarten“, äußerte Swyrydenko, dass Gewinne in den ersten zehn Jahren nicht ausgeschüttet, sondern reinvestiert würden. Die Ukraine bestreite ihren Anteil für den Fonds demnach ausschließlich aus den Einnahmen neuer Förderlizenzen. Die Vereinigten Staaten könnten ihren Beitrag jedoch auch durch weitere Militärhilfen wie Luftabwehrsysteme leisten.
Der amerikanische Finanzminister Bessent hob nach der Unterzeichnung hervor, die Vereinbarung erkenne die „bedeutende finanzielle und materielle Unterstützung der Vereinigten Staaten für die Ukraine an. Präsident Trump blieb am Mittwochabend bei der Darstellung, es handele sich um eine Art Rückzahlung. Er behauptete in einem Interview, das Abkommen bedeute „in der Theorie“, Amerika bekomme mehr von der Ukraine als es gegeben habe. Er habe sich „schützen“ wollen, um nicht „dumm“ dazustehen, wenn er für die Hilfen kein Geld zurückbekomme.
Was Trump sich davon erhofft
Der amerikanische Präsident erhofft sich von der Vereinbarung Zugang zu den in der Ukraine vorhandenen Rohstoffen wie Lithium, Graphit und Titan, die bislang größtenteils in China abgebaut oder verarbeitet werden. Der republikanische Senator Lindsey Graham hatte im vergangenen Jahr von einer „Goldgrube“ in der Ukraine gesprochen, die man China und Russland nicht überlassen dürfe. Es ist jedoch nicht klar, wie rentabel diese Mineralvorkommen am Ende sein werden. Fachleute verweisen auf die nötigen Investitionen in entsprechende Abbauanlagen, auf hohe Verarbeitungskosten und einen möglicherweise teuren Transport.
Neben der Ausbeutung der Bodenschätze dürfte Trump jedoch auch darauf setzen, mit dem amerikanisch-ukrainischen Abkommen Druck auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin auszuüben. Nach einem Annäherungskurs in den vergangenen Monaten hatte Trump Putin am vergangenen Wochenende dazu aufgefordert, die Angriffe auf die Ukraine einzustellen. Finanzminister Bessent hob am Mittwochabend hervor, niemand, der Russlands „Kriegsmaschinerie finanziert oder unterstützt“ habe, dürfe vom Wiederaufbau der Ukraine profitieren.