“Mein Coming-out war die beste Entscheidung”
Jo Weil
Was denken Sie darüber, dass es für Schauspieler noch immer ein Thema ist, sich zu outen?
Ich habe mich selbst erst mit 41 Jahren öffentlich geoutet, weil ich lange unsicher war, ob es mir beruflich schadet. Ich kann nur für mich sprechen und sagen: Es war die beste Entscheidung! Mein Leben ist so viel schöner ab dem Tag, an dem ich gesagt habe, dass ich Männer liebe. Die Unterstützung und Liebe, die ich bekommen habe, waren der Wahnsinn. Natürlich gibt es auch mal blöde Kommentare, aber die gibt es ja für alles. Ich habe sehr wenig schlechte Erfahrung gemacht, und beruflich hat es mir überhaupt nicht geschadet – im Gegenteil: Ich bekomme seitdem breiter gefächerte Angebote als vorher.
Rückblickend würde ich wahrscheinlich nicht mehr so lange warten, aber es bringt nichts, in der Vergangenheit herumzuwühlen. Es ist so, wie es ist. Ich verstehe aber jeden, der Angst davor hat, denn ein Coming-out ist sehr persönlich. Und nur, weil es für mich gut war und ich Vertrauen hatte, dass es auch mein Umfeld okay finden wird, heißt es nicht, dass das bei jedem so ist. Jeder muss für sich wissen, womit er glücklicher ist und was er tut. Ich habe viele Zuschriften von Leuten bekommen, die nicht vor der Kamera stehen und die mir gesagt haben, dass ich ihnen Mut gegeben habe, zu sich zu stehen.
Seit über 25 Jahren sind Sie fast durchgehend in Serien und Soaps zu sehen – woran liegt das?
Ich war in diesem Beruf immer gut beschäftigt, natürlich gab es bessere und schlechtere Zeiten und auch mal Durststrecken. Nach einem Vierteljahrhundert im Job kann ich sagen, dass ich wirklich viel Glück hatte, aber auch sehr fleißig war und bin und sehr viel dafür tue. Ich drücke gerade fest die Daumen, dass das so bleibt.
Hatten Sie während der Durststrecken auch mal Existenzängste?
Angst hatte ich nie. Wer sehr sicherheitsbedürftig ist, für den ist dieser Beruf nichts – die Unsicherheit gehört einfach dazu. Meine Freunde und Freundinnen, die sehr sicherheitsliebend sind, verstehen oft nicht, wie ich das aushalte. Mir machen diese Unsicherheiten keine Angst, sie haben mich sogar in jungen Jahren eher angespornt. Ich fand es interessant, nicht zu wissen, was morgen kommt.
Jetzt, mit zunehmendem Alter spielt der Gedanke an Sicherheit eine größere Rolle. Deshalb habe ich ganz bewusst meinen Fokus daraufgelegt, Romane zu schreiben – das ist ein zweites Standbein. Drei Bücher habe ich bereits veröffentlicht. Der vierte Roman erscheint im Mai.