Keine Gnade für Esken und die SPD

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Was ist bloß mit uns Deutschen los? Können wir uns denn über gar nichts mehr freuen? Da tritt nächste Woche die ja nun wirklich schon lange nicht mehr beliebte Restregierung Scholz endlich und endgültig ab – und die einzigen, die man schlumpfig grinsen sieht, sind Scholz und seine verbliebenen Minister bei der letzten Kabinettssitzung.

Denen kann man ja auch schlecht verübeln, dass sie sich nicht länger um den Schlamassel kümmern müssen, den sie angerichtet haben. Am fröhlichsten waren eindeutig jene von ihnen, die nicht weitermachen müssen, sondern sich im Bundestag eine ruhige Hinterbank suchen oder gleich ganz in die Rente gehen können, die sie schnell noch erhöhten.

Das gnadenlose Parteileben

Auch die Freude der Neuen, die ab Dienstag übernehmen, hält sich angesichts des Erbes, das sie nicht ausschlagen können, erkennbar in Grenzen. Lars Klingbeil hat jetzt wirklich schon verdammt oft gesagt, man sei zum Erfolg verdammt. Es gab SPD-Politiker, die gar nicht glauben wollten, dass in der Genossenbefragung wirklich 85 Prozent Zustimmung herauskamen. Ganz offensichtlich erhofften sich manche, dass die Basis Erbarmen haben und die Parteioberen nicht schon wieder zum Mitregieren zwingen würde.

„Es war keine begeisterte Zustimmung“, sagte wie zur Entschuldigung der niedersächsische Ministerpräsident Weil, der ja auch selbst keine Lust mehr hat. Hinter vorgehaltener Hand weisen manche Sozis darauf hin, dass bei Berücksichtigung der Wahlbeteiligung weniger als die Hälfte der Parteimitglieder für den Gang in die Koalition mit der Union gestimmt hätte. Doch zu spät, die Statuten lassen jetzt keinen Ausweg mehr.

Wie gnadenlos das Parteileben sein kann, erfährt nun auch die Fast-schon-Ex-Parteivorsitzende Esken. Allerdings musste sie wissen, dass das bei der SPD ein vollkommen normaler Verlauf ist. Offen ist immer nur, wie lange es vom „Hosianna!“ bis zum „Kreuziget ihn/sie!“ dauert. Dafür, dass sie so vielen innerhalb und außerhalb der Partei auf den Senkel ging, hielt Esken sich erstaunlich lange. Aber eine Schuldige für das unerfreuliche Wahlergebnis (bei der Genossenbefragung) muss ja gefunden und bestraft werden.

Und was gäbe es Schlimmeres als einen Posten in der nächsten Regierung? Das härteste Ressort, die Finanzen, wollte Esken aber offenkundig nicht übernehmen, weswegen jetzt Klingbeil in den sauren Apfel beißen muss, denn nach Aussagen des Generalsekretärs Miersch spielen bei der Besetzung der Ämter ausschließlich Kompetenz und Erfahrung eine Rolle. Welcher Sozi will aber schon gern den Sparkommissar machen? Kein Wunder, dass der Lars jetzt richtig sauer ist auf die Saskia.

Der einstige Erzrivale um die Thronfolge in München

In der Union haben sie ihre Gefühle besser im Griff, auch die leer Ausgegangenen, die sogar das Gedöns-Ministerium genommen und dafür eine Geschlechtsumwandlung hätten machen lassen, wenn Merz das von ihnen verlangt hätte. Anders als im Fall Laschets, dem Söder immer noch verübelt, dass der ihm mit seinen Sticheleien den Einzug ins Kanzleramt versaute, legte der CSU-Chef im Fall der zukünftigen Wirtschaftsministerin Katherina Reiche kein Veto ein, obwohl die bekanntlich mit Karl-Theodor zu Guttenberg liiert ist.

Der war aber nicht nur einer ihrer Amtsvorgänger, sondern auch Erzrivale Söders im Kampf um die Thronfolge in München. Söder konnte damals sein Glück nicht fassen, als Guttenberg sich selbst aus dem Rennen nahm. Doch war Letzterer tatsächlich nur vorerst gescheitert, wie er es im Buch über die Plagiatsaffäre bekannt hatte. Denn nun erwarten doch einige, dass Guttenberg wieder in Berlin mitmischt, aus dem Hintergrund.

Käme es so, dann würde der Wagnerianer Söder, gerade erst der von ihm wiedereröffneten Venusgrotte entstiegen, sicher ausrufen: „Hast du so böse Lust geteilt, dich an der Hölle Glut entflammt, hast du im Venusberg geweilt: so bist nun ewig du verdammt!“ Den Sozis könnte das aber ein Trost sein: Ihre Verdammnis dauert erst einmal nur vier Jahre, höchstens.