Sachsen: Kretschmer bekommt einen Gegenkandidaten

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Bei der Ministerpräsidentenwahl in Sachsen am kommenden Mittwoch bekommt Amtsinhaber Michael Kretschmer (CDU) einen Gegenkandidaten. Der Abgeordnete der Freien Wähler, Matthias Berger, reichte am Freitag beim Landtag offiziell seine Bewerbung für das Amt des Regierungschefs ein, wie ein Landtagssprecher in Dresden mitteilte. Berger hatte bei der Landtagswahl ein Direktmandat für die Freien Wähler gewonnen und sitzt als fraktionsloser Abgeordneter im Parlament.

Berger kündigte seine Kandidatur bereits Medien gegenüber an und erklärte, Sachsen brauche „einen politischen Neustart ohne Ausgrenzung“. Die Freien Wähler schlagen eine parteiunabhängige Expertenregierung anstelle der von Kretschmer angestrebten schwarz-roten Minderheitsregierung vor.

Bei der Bekanntgabe von Bergers Kandidatur ergriff zunächst der sächsische Freie-Wähler-Chef Thomas Weidinger das Wort. Berger selbst ist kein Mitglied der Freien Wähler. Weidinger zufolge ist eine stabile Regierung aus CDU und SPD nicht in Sicht. Deshalb habe seine Partei schon vor einiger Zeit eine Expertenregierung ins Gespräch gebracht. Dafür wolle man alle Parteien einbeziehen.

Die AfD will Berger nicht unterstützen

Den Sinn einer Brandmauer gegenüber der AfD hatten die sächsischen Freien Wähler schon in der Vergangenheit wiederholt infrage gestellt. Sie sehen in einer Einbindung der AfD in eine Expertenregierung auch keinen Verstoß gegen Abgrenzungsbeschlüsse der Freien-Wähler-Bundespartei.

Weidinger verwies unter anderem darauf, dass der CDU-Politiker Alexander Dierks auch mit Stimmen aus der AfD zum Landtagspräsidenten gewählt wurde.

Die AfD will Berger nicht unterstützen und mit Fraktions- und Parteichef Jörg Urban wohl einen eigenen Kandidaten stellen. Es wäre allerdings auch denkbar, dass sie – wie 2020 bei der Wahl des FDP-Politikers Kemmerichs in Thüringen – Berger anstellte ihres eigenen Kandidaten wählt.

Zur Mehrheit fehlen Kretschmer zehn Stimmen

Laut Landesverfassung braucht der Ministerpräsident für seine Wahl im ersten Wahlgang eine absolute Mehrheit der Mitglieder des Landtags. Mindestens 61 der 120 Abgeordneten müssten für ihn stimmen. Die künftigen Koalitionsfraktionen CDU und SPD zusammen haben nur 51 Sitze – zur Mehrheit fehlen ihnen damit zehn Stimmen.

Kommt die Wahl eines Regierungschefs auf diese Weise nicht zustande, reicht in einem weiteren Wahlgang auch die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Die Wahl erfolgt geheim ohne vorherige Debatte.

Berger ist mit seinem Direktmandat der einzige Abgeordnete der Freien Wähler im sächsischen Landtag. Landesweit kamen die Freien Wähler bei der Wahl im September nur auf 2,3 Prozent. Berger war zuvor mehr als 20 Jahre Oberbürgermeister von Grimma.