Masern-Ausbruch in den USA: Experte sieht Herdenimmunität gefährdet

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Masern auf dem Vormarsch

Experte warnt: “Wir leben in einer Welt nach der Herdenimmunität”


04.05.2025 – 10:27 UhrLesedauer: 3 Min.

Doctor fills syringe with medicine from vial. Vaccination and immunizationVergrößern des Bildes

Ärztin zieht eine Spritze auf: Impfungen sind ein wichtiger Schutz gegen Masern. (Quelle: Pond5 Images/imago-images-bilder)

Ein Masernausbruch in den USA alarmiert Gesundheitsexperten weltweit. Der Schutz durch Herdenimmunität scheint verloren, die hochansteckende Krankheit kehrt zurück.

Die USA erleben den größten Masernausbruch seit 25 Jahren. Mit 935 bestätigten Fällen, 285 hospitalisierten Kindern und zwei Todesfällen unter ungeimpften Kindern hat das Virus die amerikanische Gesellschaft erschüttert, wie aktuelle Zahlen belegen.

“Wir leben in einer Welt nach der Herdenimmunität. Ich denke, der Masernausbruch beweist das”, erklärt Dr. Paul Offit, Experte für Infektionskrankheiten und Direktor des Zentrums für Impfaufklärung an der Kinderklinik von Philadelphia, dem britischen “Guardian”. “Masern, weil sie die ansteckendste der durch Impfung vermeidbaren Krankheiten ist, wirklich die ansteckendste menschliche Krankheit, kommen als Erstes zurück.”

Das Virus hat sich besonders in Westtexas konzentriert und später auf benachbarte Bundesstaaten wie New Mexico und Oklahoma ausgebreitet. Laut Bericht der US-Gesundheitsbehörde CDC wurden die Masern im Jahr 2000 in den USA als ausgerottet erklärt. Dieser Status werde jedoch aufgehoben, wenn es über zwölf Monate hinweg eine anhaltende Übertragung des Virus gäbe.

Das Problem beschränkt sich nicht auf die USA. Drei große Ausbrüche in Kanada, Mexiko und den USA machen nun die Mehrheit der rund 2.300 Masernfälle in Nord-, Mittel- und Südamerika aus, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) diese Woche mitteilte. Das Risiko von Masern wird in Amerika als hoch angesehen und hat sich im Vergleich zu 2024 um das Elffache erhöht.

Auch Europa bleibt nicht verschont. Daten der Europäischen Gesundheitsbehörde ECDC und der WHO zeigen, dass die Masernfälle in Europa im Jahr 2024 im Vergleich zu 2023 um das Zehnfache gestiegen sind. Von 35.212 gemeldeten Fällen wurden 87 Prozent in Rumänien registriert. Die WHO beobachtet nun auch ein saisonales Muster der Erkrankungen, das in den Jahren 2021 bis 2023 nicht festgestellt wurde.

Die Rückkehr der Masern hängt unmittelbar mit sinkenden Impfquoten zusammen. Laut ECDC weisen in Europa nur drei Länder – Ungarn, Malta und Portugal – eine Impfrate von 95 Prozent oder mehr für beide Dosen des Masernimpfstoffs auf. Diese Quote gilt als notwendig, um den Herdenschutz aufrechtzuerhalten und die Ausbreitung des Virus zu verhindern.

Experten befürchten, dass die Infektionsrate in den USA weiter steigen könnte, da US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. irreführende Behauptungen über Impfstoffe verbreitet. Obwohl Kennedy den Masern-Mumps-Röteln-Impfstoff (MMR) nach den ersten Todesfällen befürwortet hat, machte er kürzlich falsche Aussagen über dessen Inhaltsstoffe und stellte unbewiesene Behandlungsmethoden für Masern vor.

Die Wissenschaft ist sich einig: Die beste Methode gegen Masern ist die Prävention durch den MMR-Impfstoff, der zu 97 Prozent wirksam ist. Es gibt keine Heilung für die Viruserkrankung, und führende Ärzteverbände wie die American Academy of Pediatrics (AAP) betonen, dass sie nicht als “behandelbar” gilt.

Die Gefährlichkeit der Masern wird oft unterschätzt. Etwa eines von 1.000 infizierten Kindern stirbt an der Krankheit. Mit ähnlicher Häufigkeit tritt eine Hirnschwellung (Enzephalitis) auf, die zu lebenslangen Behinderungen führen kann. Zudem unterdrückt eine Maserninfektion das Immunsystem, was weitere Infektionen begünstigt.

Der Masernimpfstoff hat laut wissenschaftlichen Schätzungen weltweit bereits große Erfolge erzielt. Zwischen 1974 und 2024 soll die Impfung mehr als 93 Millionen Leben gerettet und die Kindersterblichkeit insgesamt reduziert haben.