Erste Group macht Milliardendeal mit Santander in Polen

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Der europäische Bankenmarkt kommt in Bewegung. Mit dem Einstieg der Wiener Erste Group in der Santander Bank Poska findet einer der größten Banken-Transaktionen der zurückliegenden Jahre statt. Das führende Geldhaus in Österreich erwirbt für rund 6,8 Milliarden Euro in bar einen „beherrschenden Anteil von 49 Prozent“ an der börsennotierten Santander Bank Polska.

Die Kaufvereinbarung mit der spanischen Banco Santander umfasse auch den Erwerb eines Hälfte-Anteils am Vermögensverwalter Santander TFI für 200 Millionen Euro, teilte das österreichische Institut am Montag mit. Bereinigt um den immateriellen Vermögenswert beläuft sich die Übernahme auf den knapp zweifachen Buchwert.

Die Nachrichten kamen bei den Aktionären der Erste Group gut an, Santander verzeichnete aber Kursverluste. Der Aktienkurs der Erste Group kletterte in einem verhaltenen europäischen Branchenumfeld zuletzt um 5,7 Prozent auf 62,20 Euro. In der Spitze waren sie über 7 Prozent auf 63,20 Euro gestiegen. Damit erholten sich die Titel von den schwächeren Vortagen.

Erste gewinnt, Santander verliert an der Börse

Die Papiere der Santander Bank Polska sackten hingegen an der Warschauer Börse um 4,9 Prozent ab und waren damit Schlusslicht im polnischen Leitindex WIG-20. Die Titel des spanischen Mutterkonzerns stiegen um rund ein Prozent. Derzeit hält die Banco Santander noch rund 62 Prozent an ihrer Polen-Tochter und der Nationale-Nederlanden OFE des niederländischen Versicherungskonzerns NN verfügt über rund fünf Prozent. Der Rest befindet sich im Streubesitz.

Der endgültige Abschluss des 49-Prozent-Einstiegs wird bis zum Jahresende erwartet. „Als das führende Kreditinstitut in Zentral- und Osteuropa bauen wir unsere Präsenz in der Region weiter aus und expandieren in einen der dynamischsten und profitabelsten Bankenmärkte Europas“, kommentierte der Vorstandsvorsitzende der Erste-Group, Peter Bosek, den Einstieg in Polen.

Mit der Anteilsübernahme würde die Erste Group zur größten Aktionärin der Santander Bank Polska werden und die De-facto-Kontrolle erhalten, hieß es von der Gesellschaft. Als größte Einzelaktionärin hätte man nach Abschluss der Transaktion die Möglichkeit, Positionen im Aufsichtsrat zu besetzen und über die Vertretung in diesem Gremium Mitglieder des Vorstands zu benennen. Nach Abschluss der Transaktion wird die Santander Bank Polska zudem vollständig in der Bilanz der Erste Group konsolidiert werden, erklärte der Vorstand.

Aktienrückkauf wird gestrichen

Erste Group will den geplanten Einstieg in Polen vollständig aus eigenen Mitteln finanzieren, unter anderem durch die Streichung des am Ende Februar angekündigten Aktienrückkaufprogramms im Volumen von 700 Millionen Euro, einer vorübergehenden Verringerung der Dividenden-Ausschüttungsquote auf maximal zehn Prozent des Nettogewinns für das laufende Geschäftsjahr sowie verschiedenen Schritten zur Optimierung des Risikoprofils der Bilanz.

Gewinn soll markant steigen

Das Management des Spitzeninstituts der österreichischen Sparkassen erwartet sich durch den Polen-Einstieg einen markanten Gewinnanstieg. Infolge der Transaktion soll der Gewinn je Aktie (EPS) der Erste Group im Jahr 2026 um mehr als 20 Prozent und die Verzinsung des materiellen Eigenkapitals (ROTE) auf etwa 19 Prozent steigen, im Vergleich zu den aktuellen Konsensprognosen von etwa 15 Prozent.

Die Ankündigung kam am Montag nicht unerwartet. Bereits Anfang vergangener Woche hatte die Bank nach einem „Bloomberg“-Bericht bestätigt, die Transaktion zu prüfen. Ein Einstieg in den polnischen Markt wurde zudem schon seit einigen Jahren erwogen. Der Deal könnte sich für die Erste Group als deutlich ertragssteigernd erweisen, erklärte die Analystin Marlene Eibensteiner von der Deutschen Bank bereits vergangene Woche dazu. Während die Übernahme aus Sicht des Geschäftsmixes und der Strategie sinnvoll sein könnte, schätzt die Analystin jedoch, dass sie für das österreichische Institut ein kostspieliges Unterfangen sein könnte.

Die Bank Santander ist in Polen mit rund 7,5 Millionen Kunden die drittgrößte Bank des Landes, mit einem Marktanteil von acht Prozent. Im vorigen Jahr wurde ein Rekordgewinn erwirtschaftet, die Santander-Bank-Polska-Aktien stiegen zuletzt auf ein Allzeithoch. Mit rund 2000 Filialen in sieben Ländern betreut die Erste Group als Universalbank insgesamt 16 Millionen Kunden und zählt zu den größten Kreditgebern in Osteuropa.

Sollte die Übernahme genehmigt werden, strebt die Erste Group auch eine Umbenennung der Santander Bank Polska an. Man wolle mit der Marke „Erste“ in den Markt gehen, für genauere Überlegungen in diese Richtung sei es aufgrund der ausstehenden Genehmigungen allerdings noch zu früh, sagte Bosek. Klar sei auch, dass „Santander aller Voraussicht nach ihren Namen behalten will“. Nach dem Erwerb würde die Banco Santander nach derzeitigem Stand gut 13 Prozent der Anteile besitzen.