Optimismus der Märkte in Sachen Klima

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Irgendwie scheint die Luft raus aus dem Thema Nachhaltigkeit. In den USA ist ein geringerer Kohlendioxidausstoß kein Ziel mehr, im deutschen Wahlkampf war Klimaschutz kein beherrschendes Thema. Trotzdem hat die Fondsgesellschaft Union Investment kürzlich in einer Kundenbefragung keine Klimamüdigkeit erlebt. 89 Prozent der befragten Investoren gaben an, Nachhaltigkeitskriterien in Anlageentscheidungen einfließen zu lassen – vier Prozentpunkte mehr als im Vorjahr und der zweithöchste Wert, seit Union ihre Kunden im Jahr 2010 erstmals dazu befragt hat.

Und auch sonst deuten diese Zahlen nicht auf den viel diskutierten „Backlash“ hin: Zwei Drittel finden zwar, das europäische Regelwerk dafür sei zu komplex. Aber dennoch glauben neun von zehn Befragten, die Märkte für nachhaltige Kapitalanlagen blieben stabil oder wüchsen. „Das Thema Nachhaltigkeit ist bei Großanlegern fest etabliert“, sagt André Haagmann, Union-Vorstand. Somit gelte die Aussage des Fernsehmeteorologen Sven Plöger, es sei gut, dass Union Investment diese Veranstaltung gegen den Zeitgeist mache, wohl nur im Hinblick auf den überlieferten Zeitgeist.

Was einmal mit einem Dutzend Teilnehmern in einem Hotel begann, führte nun 200 Teilnehmer der nachhaltigen Finanzszene ins Kongresszentrum in Bad Vilbel. Wer sich mit ihnen unterhielt, hörte viel von fest etablierten Prozessen in Kreditinstituten. „Wir müssen beim Einsatz der Mittel viel effizienter werden“, sagte aber Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.

Nur ein kleiner Teil der Klimapakete war erfolgreich

Er erinnerte an ein wissenschaftliches Papier, das sein Institut kürzlich in der Zeitschrift „Science“ veröffentlichte. 1500 politische Klimapakete auf der Welt hatte das Team auf die Frage hin analysiert, welche zu Strukturbrüchen der CO2-Emissionen führten. Es waren 53. Selten werde darüber Rechenschaft abgelegt, welche Instrumente etwas brächten.

„Das Motto ist: Mehr hilft mehr. So wird das aber nicht funktionieren“, sagte Edenhofer, einer der führenden deutschen Regierungsberater zum Klima. „Jedes erfolgreiche Paket hatte ein Element: den CO2-Preis. Er macht Investitionen rentabel.“ Das war für die zahlreichen institutionellen Investoren im Saal eine interessante Information.

Denn als Nächstes führt die Europäische Union im Jahr 2027 den Emissionshandel für Verkehr und Wohnen ein – mit anderen Worten: für Mineralölimporte. Und dieses Instrument hat längst auch die Türkei, Brasilien und Japan zum Nachahmen inspiriert. China weitet den Emissionshandel aus und führt verpflichtende Nachhaltigkeitsberichte zum Teil nach europäischem Vorbild ein.

Glaubhafte Transformation muss lange dranbleiben

„Wir investieren in glaubhafte Transformation. Das ist anstrengend, man muss lange dabeibleiben und hartnäckig sein“, sagte Henrik Pontzen, Chief Sustainability Officer von Union. Klimawandel verschwinde nicht, weil man aufhöre, darüber nachzudenken. Seit sechs Jahren habe die Fondsgesellschaft die Treibhausgasemissionen der Investments in allen Fonds auf die Hälfte reduziert. Das gehe nur, wenn man kontinuierlich daran arbeite.

Der ehemalige Außen-, Umwelt- und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) riet: Deutschland müsse erst einmal aufhören, mit dem Zeigefinger durch die Welt zu gehen. Dabei spielte er auf die Debatte an, ob nach der Zeitenwende Rüstungsaktien als nachhaltig eingestuft werden dürfen.

Privatanleger müsse es erleichtert werden, in grüne Anleihen zu investieren, forderte Silke Stremlau, Vorsitzende des mit dem Ende der Legislaturperiode beendeten Sustainable-Finance-Beirats. Wer in internationale Indexfonds (ETF) anlege, beteilige sich an vielen US-amerikanischen Unternehmen. „Da investiert man nicht in die Transformation“, sagte sie: „Es gibt klare Wachstumschancen, wir müssen aufhören zu nörgeln.“