Kanadas Ministerpräsident Mark Carney trifft Trump

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Gemessen an der eigenwilligen Begrüßung auf seiner Online-Plattform „Truth Social“ verlief die Begegnung des kanadischen Ministerpräsidenten Mark Carney mit Präsident Donald Trump im Oval Office in Washington vergleichsweise respektvoll. Kurz vor dem Treffen am Dienstag im Weißen Haus hatte Trump geschrieben, er freue sich zwar auf die Begegnung, doch könne er nicht verstehen, warum Amerika Kanada mit 200 Milliarden Dollar im Jahr subventioniere und zusätzlich noch kostenlosen militärischen Schutz biete. Amerika brauche nichts von Kanada. Die Kanadier bräuchten aber alles von Amerika.

Die Stimmung war also bedenklich, als der Wahlsieger aus Ottawa im Weißen Haus vorfuhr. Im öffentlichen Teil der Unterredung im Oval Office zeigte sich der Gastgeber dann zunächst von seiner freundlichen Seite. Er gratulierte Carney zum Wahlsieg und lobte ihn für seine Kampagne. Das Comeback der lange Zeit in den Umfragen hinten liegenden Liberalen sei womöglich besser gewesen als sein eigenes im vergangenen Jahr. Dass seine Angriffe auf das Land der kanadischen Regierungspartei in den Wahlen im April halfen, verschwieg er freilich.

Kanada soll nun doch keine Annexion befürchten

Trumps Drohungen der vergangenen Monate, Kanada als 51. Bundesstaat übernehmen zu wollen, führten dann zum ersten kleinen Schlagabtausch. Angesprochen auf seine Annexionsgelüste sagte Trump zunächst nur, er glaube zwar weiterhin, dass Kanada Teil der Vereinigten Staaten werden sollte. Schließlich wäre es eine wunderbare Ehe. Und der Nachbar würde nicht nur von niedrigeren Steuern profitieren, sondern auch von kostenloser Sicherheit. Dann fügte er hinzu: „It takes two to tango” – also: Bei so einer Sache gehörten jedoch zwei dazu. Damit schien er zu bekräftigen, was er schon am Wochenende in einem Interview gesagt hatte: Er glaube nicht, dass man jemals an den Punkt komme, an dem es eine militärische Option gebe. Eine solche hatte er früher mitunter nicht ausgeschlossen.

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Das konnte Carney dennoch nicht so stehen lassen – schließlich hatte er im Wahlkampf damit gepunktet, Trump die Stirn zu bieten. Der Kanadier ergriff das Wort: Wie Trump sicher aus dem Immobiliengeschäft wisse: Es gebe einige Orte, die niemals zum Verkauf stünden. In einem sitze man gerade, fügte er mit Bezug auf das Oval Office hinzu. Sodann: Auch Kanada stehe nicht zum Verkauf und es werde auch niemals zum Verkauf stehen. In der Partnerschaft beider Länder liege die Chance. Das wiederum provozierte Trump, der intervenierte: „Sagen Sie niemals nie.“ Carney schließlich: Bei allem Respekt, das werde sich nicht ändern. Seine Körpersprache verriet Anspannung. Die Situation eskalierte aber nicht.

Trumps falsche Zahlen

Trump hatte vorher schon deutlich gemacht, dass im vertraulichen Teil der Unterredung nicht über eine Annexion geredet werde, es sei denn, die andere Seite wolle dies. Im Mittelpunkt stand der Handelskonflikt, den Trump losgetreten hatte. Nun sagte der Präsident im Oval Office: „Wir werden Kanadas Freunde sein, ungeachtet von allem.“ Er wiederholte, es sei unfair, dass sein Land Kanada mit 200 Milliarden Dollar subventioniere – „oder wie hoch die Summe auch immer ist.“ Dazu muss man wissen, dass Trump das Handelsdefizit meint, wenn er von Subventionen spricht. Und das Handelsdefizit liegt nicht bei 200 Milliarden Dollar, sondern 2024 bei etwa 45 Milliarden. Trump hob hervor, dass Carney bei dem Treffen durch nichts, was er anzubieten gedenke, die Zölle aufheben könne. Auf die Frage, warum, entgegnete Trump trotzig: Weil es nun einmal so sei.

Das USMCA-Handelsabkommen, das Trump in seiner ersten Amtszeit mit Kanada und Mexiko ausverhandelt hatte, um das „unfaire“ NAFTA-Abkommen anzupassen, nannte er nun ein Übergangsschritt. Es werde möglicherweise neu verhandelt werden. Auch Carney sagte, es müsse Änderungen geben. Das Abkommen sei Basis einer weitergehenden Diskussion. Der Ministerpräsident hatte sich vorbereitet. Er nannte Trump schmeichelnd einen „transformativen Präsidenten“. Aber auch er sei gewählt worden, um Kanada zu verändern – mit ähnlichen Schwerpunkten: die Wirtschaft, die Grenzsicherung, die Unterbindung des illegalen Opioid-Handels und die Stärkung des Militärs. All diese Punkte sollten Trump bedeuten, dass Ottawa bereit sei, seine Hausaufgaben zu machen.

„Ich mag den Kerl“

Kurz bevor der öffentliche Teil des Treffens im Oval Office endete, fragte ein kanadischer Journalist den Präsidenten, ob es mit Carney einfacher sei als mit dessen Vorgänger Justin Trudeau, den Trump zuletzt als „Gouverneur“ herabgesetzt hatte. „Ja, ich mag den Kerl“, erwiderte Trump. Carney lächelte.

Später, in der kanadischen Botschaft in Washington, sagte Carney, das Gespräch mit Trump sei konstruktiv gewesen. Es sei „das Ende des Anfangs“ eines Prozesses gewesen gewesen, die Beziehungen beider Länder neu zu bestimmen. Nun könnten konkrete Gespräche über die Handels- und Sicherheitsbeziehungen beginnen. Er habe Trump aufgefordert, Kanada nicht mehr als 51. Bundesstaat zu bezeichnen. Er wollte aber nicht sagen, wie genau er das formuliert habe. Trump sagte später auf die Frage, ob er auch Carney „Gouverneur“ nennen werde: Bislang habe er das nicht getan und möglicherweise bleibe das so. Es sei ein großartiges Treffen gewesen. Er möge Carney, er sei ein netter Mann. Fortsetzung folgt.