Angriffe aus Indien: Pakistan droht mit Vergeltung

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Nach den tödlichen Angriffen Indiens auf pakistanische Ziele hat das attackierte Land Vergeltung angekündigt. „Pakistan hat jedes Recht, eine angemessene Antwort auf diese von Indien verhängte Kriegshandlung zu geben, und eine angemessene Antwort wird auch gegeben“, sagte Premierminister Shehbaz Sharif. Zuvor hatte Indien in der Nacht mehrere Ziele im Nachbarland und im pakistanisch kontrollierten Teil von Kaschmir angegriffen – als Reaktion auf einen Terroranschlag in der Unruheregion vor rund zwei Wochen.

Das pakistanische Militär sprach nach dem Angriff von acht Toten und 33 Verletzten. Das Außenministerium nannte keine genaue Zahl, teilte aber mit, unter den Opfern seien Frauen und Kinder. Zuvor hatten Geheimdienstkreise von einem toten Kind in der Stadt Bahawalpur im Osten Pakistans gesprochen.

Laut Indien handelte es sich bei den Zielen um „terroristische Infrastruktur“. Man habe neun Ziele angegriffen, darunter keine pakistanischen Militäranlagen, hieß es in einer Mitteilung des indischen Verteidigungsministeriums. Pakistans Verteidigungsminister Khawaja Muhammad Asif dagegen erklärte, es habe sich bei allen angegriffenen Orten um zivile Einrichtungen und nicht um Lager militanter Gruppen gehandelt. Indien habe die Raketen von seinem eigenen Luftraum aus abgefeuert. Asif erklärte außerdem, Pakistan habe fünf indische Kampfjets und eine Drohne abgeschossen, was Indiens Regierung ihrerseits bisher nicht bestätigt hat.

Pakistanische Geheimdienstkreise und die Armee berichteten von Luftangriffen in den Städten Kotli und Muzaffarabad im pakistanischen Teil Kaschmirs. In der Stadt Bahwalpur in der Provinz Punjab sei eine Moschee angegriffen worden. Pakistan hat seinen Luftraum für 48 Stunden geschlossen, der Flugbetrieb der Flughäfen Islamabad und Lahore wurde bis auf weiteres eingestellt.

Indien: Pakistan schoss bereits zurück

Auch Indien beklagte Opfer: Durch pakistanischen Beschuss seien im indisch kontrollierten Teil von Kaschmir mindestens drei Zivilisten ums Leben gekommen, teilte die Armee mit. Die pakistanische Armee habe über die Kontrolllinie hinweg willkürlich geschossen. Die indische Armee werde in angemessener Weise reagieren. Die Kontrolllinie gilt als De-Facto-Grenze und teilt Kaschmir zwischen den beiden Ländern.

UN-Generalsekretär António Guterres drückte seine „tiefe Besorgnis“ aus. „Die Welt kann sich eine militärische Konfrontation zwischen Indien und Pakistan nicht leisten“, sagte er laut einer Mitteilung seines Büros. Guterres rief die beiden Atommächte zur militärischen Zurückhaltung auf. Eine militärische Lösung sei keine Lösung.

Eskalation der jüngsten Spannungen

Die Angriffe sind eine erhebliche Eskalation der jüngsten Spannungen zwischen den beiden Atommächten. Ausgelöst wurden sie durch einen Terroranschlag am 22. April im indischen kontrollierten Teil Kaschmirs. Bewaffnete Angreifer hatten dort auf einer Bergwiese in einer Urlaubsgegend nahe der Stadt Pahalgam 26 Menschen getötet – vorwiegend indische Touristen. Die Regierung in Neu-Delhi wirft Pakistan eine Beteiligung vor, was dieses zurückweist.

Seit dem Anschlag haben sich beide Länder mit Strafmaßnahmen überzogen, unter anderem Staatsbürger der jeweils anderen Seite ausgewiesen und die diplomatischen Beziehungen reduziert. Experten stufen besonders Indiens Entscheidung als schwerwiegend ein, den sogenannten Indus-Wasservertrag mit dem Nachbarn auszusetzen. Der Vertrag regelt die Wassernutzung beider Seiten des Indus und seiner Nebenflüsse. Islamabad nannte die Aussetzung des Vertrags eine Kriegshandlung und drohte mit entsprechenden Gegenmaßnahmen.

Die Kaschmir-Region im Himalaya ist zwischen Pakistan und Indien geteilt, beide beanspruchen aber das ganze Gebiet für sich. Die Ursprünge des Konflikts reichen bis in die Kolonialzeit zurück. 1947 entließen die Briten den indischen Subkontinent in die Unabhängigkeit und teilten diesen auf. Aus der Teilung entstand neben dem überwiegend hinduistischen Indien der neue Staat Pakistan für Muslime. Die gewaltvoll verlaufene Teilung nährt bis heute eine erbitterte Rivalität. Seit ihrer Unabhängigkeit führten beide Länder drei Kriege gegeneinander, zwei davon um Kaschmir.