China greift der schwächelnden Wirtschaft im Handelskrieg mit einem geldpolitischen Paket unter die Arme. Die Maßnahmen kommen, kurz bevor es erstmals seit der Eskalation Anfang April erste direkte Verhandlungen gibt. An diesem Wochenende soll US-Finanzminister Scott Bessent zusammen mit dem US-Handelsbeauftragten Jamieson Greer auf Chinas wichtigsten Wirtschaftspolitiker und stellvertretenden Ministerpräsidenten He Lifeng treffen.
Konkret senkte die Zentralbank einen wichtigen Referenzzins um 10 Basispunkte auf 1,40 Prozent. Die Mindestreservequote, die angibt, wie viel Geld die Banken als Reserve halten müssen, wird um 0,5 Prozentpunkte auf 6,2 Prozent gesenkt. Pan Gongsheng, Gouverneur der chinesischen Zentralbank, sagte, die Senkung der Reservequote werden rund eine Billion Yuan, umgerechnet rund 122 Milliarden Euro, freisetzen. Die niedrigere Quote erlaubt es Banken vor allem, mehr Kredite zu vergeben. Pan erklärte, die Weltwirtschaft sei voller Untersicherheiten, die Spannungen im Handel nähmen zu. Das störe die Lieferketten, sorge für Turbulenzen an den Börsen und schwäche die Dynamik des globalen Wirtschaftswachstums.
Chinas Wirtschaft schon länger schwächelnd
Chinas Wirtschaft schwächelt aber schon seit mehreren Jahren auch im Inland, vor allem der Konsum der Bevölkerung kommt nicht recht in Schwung. Die Regierung gab am Mittwoch deshalb auch bekannt, dass eine Hypothekenrate gesenkt wird und die Mindestreserverate für Autofinanzierer gestrichen wird, was den Autoabsatz ankurbeln soll. Ein neues Instrument zur Kreditvergabe soll den Dienstleistungssektor und die Altenpflege mit 500 Milliarden Yuan, rund 61 Milliarden Euro, stützen.
Gleichzeitig bekräftigten die Offiziellen – neben dem Zentralbankchef nahmen Li Yunze, Chef der Finanzregierulierungsbehörde, und Wu Qing, Vorsitzender der Börsenaufsicht – weitere Unterstützungsmaßnahmen für die Börsen. Ein staatlicher Fonds, der regelmäßig Aktien kauft, um allzu starke Einbrüche an den Börsen aufzufangen, genieße die starke Unterstützung der Regierung, sagte Wu. Chinas Börsen seien unterbewertet. Für Versicherungsunternehmen wurde ein Pilotprogramm in Höhe von umgerechnet rund 7 Milliarden Euro bekanntgegeben, mit dem sie Aktienkäufe tätigen können.
Zudem sollen weitere 300 Milliarden Yuan, umgerechnet rund 37 Milliarden Euro, in die Finanzierung von technologischer Innovation fließen. Damit unterstreicht die Regierung ihre stark auf High-Tech ausgerichtete Wirtschaftspolitik. Sie erhofft sich davon größere technologische Unabhängigkeit vom Westen.
Die chinesischen Börsen reagierten nur leicht auf die neuen Ankündigungen. Der CSI 300, der die wichtigsten Titel in Shenzhen und Shanghai zusammenfasst, notierte gegen Mittag chinesischer Zeit um rund 0,5 Prozent im Plus.