Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) schließt zur geplanten Durchsetzung von Zurückweisungen an den deutschen Grenzen die Aktivierung von Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union nicht aus. Um das schärfere Vorgehen ausführen zu können, sei „Paragraph 18 der einschlägige im Asylgesetz, den wir nutzen im Zusammenhang mit bilateralen Verträgen und auch in Verbindung mit Artikel 72“, sagte Dobrindt am Donnerstagabend im ZDF.
Artikel 72 sieht vor, dass zur „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit“ von EU-Recht abgewichen werden kann. Die Nutzung der Klausel hatten CDU und CSU im vergangenen Jahr verlangt, um „umfassende Zurückweisungen“ auch von Asylbewerbern zu ermöglichen.
In der Debatte um die von Dobrindt angeordneten Zurückweisungen auch von Asylsuchenden hatte die Bundesregierung zuvor einen Pressebericht dementiert, wonach Kanzler Friedrich Merz (CDU) nach EU-Recht eine „nationale Notlage“ ausruft, um mehr Migranten an den Grenzen zurückweisen. „Der Bundeskanzler setzt keinen nationalen Notstand in Kraft“, sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius der Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag. Zuvor hatte die Zeitung „Welt“ berichtet, Merz wolle diese Sonderklausel in Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union aktivieren.
Dobrindt erklärte nun, das deutsche Asylgesetz sei die Rechtsgrundlage des Regierungshandelns, „natürlich“ sei aber „alles europäisch eingebunden“. Deutschland sei mit den entsprechenden Zuständigen in der EU „im engstem Austausch“ und werde mit den Zurückweisungen so vorgehen, dass die Nachbarländer nicht überfordert würden.