Fachleute haben den Bas-Beamten-Plan längst verworfen

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Sollen künftig auch Beamte und ihre Dienstherren in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, um Pensionsansprüche über die Beitragskasse zu decken? Die von der schwarz-roten Koalition eingesetzte Rentenkommission hat sich mit diesem kontroversen Vorschlag ausgiebig befasst – und ihn verworfen. Die Einbeziehung von Beamten in das System sei „technisch und rechtlich keineswegs trivial“, schrieb sie in ihrem Bericht. Fazit: Zwar gebe es auch Argumente, die dafür sprechen könnten. „Für den Aspekt der nachhaltigen Finanzierung der Rentenversicherung gilt dies jedoch voraussichtlich eher nicht.“

Es handelt sich um die „Kommission Verlässlicher Generationenvertrag“, eingesetzt von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) im Frühling 2018. Das Gremium aus Politikern, Sozialpartnern und Wissenschaftlern arbeitete unter Leitung der Abgeordneten Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) und Karl Schiewerling (CDU) zwei Jahre lang zusammen. Dass sich ihr Ergebnisbericht nicht stärker ins öffentliche Gedächtnis eingrub, lag auch an ungünstigen Umständen: Die Übergabe fand im März 2020 statt, als die Corona-Pandemie fast alles infrage stellte.

Nun plant die neue schwarz-rote Koalition wieder eine Kommission, die sich mit Fragen der Alterssicherung befasst. Zwar benennt ihr Koalitionsvertrag keinen präzisen Arbeitsauftrag für dieses Gremium. Aber Bundesar­beits­ministerin Bärbel Bas (SPD) hat eine erste Aufgabe formuliert: Es solle ein Einbeziehen von Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung prüfen.

Beamte leben im Schnitt länger

Mit einem politischen Vorstoß für eine solche Reform hatte Bas seit Samstag Kontroversen ausgelöst. Auf Kritik der Union, dass so etwas nicht verabredet sei, reagierte sie dann mit Beschwichtigung und Widerspruch: Sie habe „nicht provozieren wollen“. Aber „natürlich“ gebe es eine Grundlage im Koalitionsvertrag – die dort vorgesehene Rentenkommission. Im Vertrag selbst steht nur der etwas kryptische Satz, dass die Kommission „eine neue Kenngröße für ein Gesamtversorgungsniveau über alle drei Rentensäulen prüfen“ solle.

Wichtiger als der kurzfristige Fortgang dieses Gerangels ist für Rentner, Pensionäre, Beitrags- und Steuerzahler aber die Frage, ob es in absehbarer Zeit zu einer solchen Systemumstellung kommt oder nicht; und vor allem, mit welchen Folgen, Der Kommissionsbericht von 2020 liefert dabei insbesondere diese Einwände gegen den Vorschlag: Werden mehr Beitragszahler in die Rentenversicherung geholt, fließen ihr zwar zunächst zusätzliche Einnahmen zu. Die neuen Zahler erwerben aber auch Ansprüche, die später zusätzlich aus derselben Kasse bedient werden müssen.

Einer langfristigen Entlastung der Rentenkasse stünde nur dann in Aussicht, falls die neuen Zahler eine kürzere Lebenserwartung hätten als die übrigen Versicherten; wenn sie im Verhältnis zu ihren Beitragszahlungen also weniger Rente in Anspruch nehmen und damit sozusagen Geld für andere Rentner übrig bleibt. Bei Beamten wäre es aber eher umgekehrt, da sie im Durchschnitt länger leben. Wie das Statistische Bundesamt vor einigen Jahren ermittelte, haben Beamte bei Eintritt in den Ruhestand ungefähr zwei Le­bens­jahre mehr in Aus­sicht als der Bevölkerungsdurchschnitt, sie würden also auch länger Rente aus der Beitragskasse erhalten.

21 Millionen gesetzlich versicherte Rentner versorgt

Daneben führt das Gutachten von 2020 politisch-technische Probleme an. Neben verfassungsrechtlichen Hürden gehört dazu die seit 2006 getrennte Zuständigkeit von Bund und Ländern für ihre Beamten. Eine Reform aus einem Guss erforderte also einen Konsens über alle Ebenen. In die Zuständigkeit des Bundes fallen nur 370.000 der gut 1,9 Millionen Beamten und Soldaten. Unter den heutigen Pensionären, insgesamt 1,4 Millionen, entfallen 427.000 auf den Bund. Unter ihnen sind viele frühere Post- und Bahnbeamte. Ihre Zahl sinkt, weil Post und Bahn seit 30 Jahren keine Beamten mehr einstellen.

Auch wenn sich die Beitragskasse, die heute 21 Millionen gesetzlich versicherte Rentner versorgt, durch Beamte kaum entlasten lässt, bleiben allerdings Fragen offen, darunter diese: Wie kann man Steuerzahler (von denen viele auch Beitragszahler sind), vor Überlastung schützen. wenn demographisch bedingt insgesamt mehr Pensionäre zu versorgen sind? Neben einem radikalen Einschränken von Verbeamtungen, wie es Österreich seit etwa zwanzig Jahren praktiziert, gerät dabei vor allem auf die Höhe der Beamtenpensionen in den Blick. Denn sie sind traditionell deutlich höher als gesetzliche Renten.

Zwar sind direkte Vergleiche schon deshalb schwierig, weil Pensionen gedanklich eine Betriebsrente für Arbeitnehmer mitumfassen. Zudem sind Beamte im Schnitt höher qualifiziert als Arbeitnehmer. Anhaltspunkte liefert aber diese Zahl: Laut amtlicher Statistik kamen frühere Postbeamte, also eine Gruppe mit überwiegend einfacherem Qualifikationsniveau, zuletzt auf Monatspensionen von durchschnittlich 2370 Euro. Hingegen lag die sogenannte Standardrente für gesetzlich versicherte Durchschnittsverdiener bei 1769 Euro; und nur sehr wenige haben ergänzende Betriebsrenten von 600 Euro.

Baldige Einsparungen wären demnach am ehesten dadurch zu erzielen, dass man Pensionen kürzt oder, da dies verfassungsrechtlich kaum möglich ist, sie zumindest langsamer steigen lässt. SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt trat nun möglichen Sorgen von Beamten entgegen. Ihre Partei wolle weder heutige noch künftige Beamte schlechterstellen, versicherte sie.