Die Pläne der deutschen Autobranche für eine verstärkte Produktion in den USA nehmen konkrete Formen an. Wie Mercedes mitteilte, will der Konzern künftig auch den sportlichen Stadtgeländewagen GLC in Amerika herstellen. Das Modell gehört zu den absatzstärksten Autos des Premiumherstellers aus Stuttgart und wurde global zuletzt nach Branchenschätzungen etwa 400.000 Mal an Kunden ausgeliefert. Rund 16 Prozent des Absatzes entfielen nach Angaben des Unternehmens auf den amerikanischen Markt. Diese Autos für US-Kunden will Mercedes künftig in seiner Fabrik vor Ort herstellen, auch um eine möglicherweise dauerhafte Belastung durch Trumps Zölle zu umgehen.
Bislang baut Mercedes das luxuriöse Mittelklasse-SUV in seinem Werk in Bremen, das die Märkte in Deutschland, Europa und den Rest der Welt beliefert. Mit einer Ausnahme: Für den chinesischen Markt produzieren die Stuttgarter den GLC in ihrem Werk in Peking. Konzernchef Ola Källenius hatte kürzlich schon angekündigt, dass Mercedes die Produktion eines weiteren Modells in seinem Werk in Tuscaloosa, Alabama, erwägt. Es sei „ein natürlicher Schritt“, ein weiteres Fahrzeug dorthin zu bringen, sagte er in einer Telefonkonferenz, ohne das Modell konkret zu benennen.
Dies sei Teil der Strategie, das Engagement von Mercedes in den Vereinigten Staaten zu vertiefen. „Wir sprechen mit Vertretern der Verwaltung von Donald Trump, die Gespräche sind in einer konstruktiven Atmosphäre.“ Tuscaloosa ist das Hauptwerk von Mercedes für die globale SUV-Produktion. Viele der dort hergestellten Modelle wie GLE, GLE Coupé sowie GLS und GLS Maybach werden von dort auch in andere Länder exportiert.
Druck auf Autobauer bleibt hoch
Trump hatte Anfang April auf seinem „Tag der Befreiung“ neue Zölle für viele Länder und Branchen angekündigt. Obwohl ein Teil davon zwischenzeitlich wieder ausgesetzt wurde, bleibt der Druck auf die Autobranche hoch. Die japanischen Hersteller Honda und Nissan, die am Dienstag über erhebliche Belastungen berichteten, haben schon angekündigt, mehr Produktion nach Amerika zu verlagern.
Mercedes wagt sich nun als erster deutscher Autokonzern mit konkreten Zusagen an die US-Regierung aus der Deckung. Erwartet wird, dass auch der Volkswagen-Konzern seine Fertigung vor Ort ausbaut, etwa durch eine lokale Produktion der Marke Audi. Wie die F.A.Z. schon berichtet hatte, könnte sie bald ihr Modell Q7 in Chattanooga, Tennessee produzieren. Dort stellt die Stammmarke des Konzerns, VW, derzeit das elektrische SUV ID.4 und zwei Varianten des Verbrennermodells Atlas her.
Der Start der amerikanischen Produktion der Verbrenner-Variante des GLC ist für das Jahr 2027 geplant. Auch wenn das Werk Tuscaloosa schon heute auf SUV-Modelle ausgelegt ist und die örtlichen und globalen Zulieferer sich auf Fahrzeuge dieser Kategorie eingestellt haben, rechnet der Autohersteller mit neuen Investitionen in Milliardenhöhe, die durch den Anlauf des GLC in den kommenden Jahren notwendig werden. Der Schritt dürfte auch im Bremer Werk aufmerksam verfolgt werden, schließlich ist klar, dass dort ein Teil der Fertigung verloren geht.
E-Auto Produktion bleibt in Bremen
Die Annahme, dass nun Auslastungsschwierigkeiten drohen, weist Mercedes aber zurück. „Für das Werk in Bremen hat der Schritt keine größeren Auswirkungen, auch deswegen, weil wir dort den elektrischen GLC bauen werden“, sagte ein Sprecher am Dienstag. Mercedes plant, die elektrische Version des Mittelklasse-SUV auf der Automesse IAA in München im Spätsommer vorzustellen.
Elektrische Versionen des GLC für Nordamerika werden nach dem aktuellen Stand der Planungen dann aus Deutschland in die USA verschifft. Doch ist unklar, wie sich der Markt für solche Autos entwickelt. Sowohl in Amerika als auch in Europa hat sich die Elektromobilität zuletzt schwächer entwickelt als gedacht.
Der Handelskonflikt zwischen Europa und Amerika macht Mercedes derweil auf beiden Seiten des Atlantiks zu schaffen. In Stuttgart wächst die Sorge, dass die Europäische Union den Zollstreit eskalieren lassen könnte. Eine mögliche Folge: In Amerika hergestellte SUV wie GLS und GLE könnten sich in Europa nicht mehr kostendeckend verkaufen.
In anderer Richtung wollen die Stuttgarter ihre Limousine CLA auch in den Vereinigten Staaten verkaufen. Bislang ist geplant, dass das Werk im baden-württembergischen Rastatt den neuen Hoffnungsträger produziert. Ob er sich aber mit Trumps Importzöllen in Amerika absetzen lässt, ist unsicher. Wegen all dieser Risiken hat Mercedes gerade erst die Geschäftsprognosen für das laufende Jahr zurückgezogen.