Bezahlung von Beamten: Weniger Dienst nach Vorschrift!

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Deutschland steht vor einer Verwaltungsreform – wenn es nach Schwarz-Rot geht. Union und SPD haben im Koalitionsvertrag vereinbart, das öffentliche Dienstrecht „grundlegend“ zu reformieren. Unflexible Einstiegsvoraussetzungen für die Verwaltung sollen künftig ebenso der Vergangenheit angehören wie die starre Vergütung der Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes. Die Koalitionäre versprechen, in Zukunft „leistungsorientierte Komponenten, höhere Entscheidungsfreude und Beiträge zur Entbürokratisierung“ bei der Bezahlung zu berücksichtigen.

Eine solche Reform ist überfällig. Wer als Beamter oder Staatsangestellter überdurchschnittliche Leistungen bringt, erfährt dafür oft zu wenig materielle Anerkennung. Gehaltssteigerungen im öffentlichen Dienst bemessen sich nach wie vor fast ausschließlich danach, wer wie lange dabei ist. Staatsdiener werden finanziell kaum motiviert, Extrameilen für das Gemeinwesen zu gehen. Innovationen entstehen aber meistens dann, wenn Einzelne mehr tun, als es das Normalmaß verlangt. Es ist deshalb richtig, Vorgesetzten im öffentlichen Dienst mehr Möglichkeiten zu geben, Leistungsträgern Zulagen zu gewähren.

Vorgaben aus Karlsruhe

Um zusätzliche Anreize zu setzen, mehr als Dienst nach Vorschrift zu machen, sollten zudem mehr Beförderungsstufen als bisher zur Verfügung stehen. Die Zahl der Erfahrungsstufen könnte Schwarz-Rot im Gegenzug reduzieren. Für Hochqualifizierte und Quereinsteiger sollten die Koalitionspartner die Vergütungsregeln dynamisieren: So sollte zum Beispiel ein Prädikatsjurist auch als Verwaltungseinsteiger mehr verdienen können als ein Jurist mit befriedigenden Noten. Der Staat wird als Arbeitgeber zwar niemals mit den Gehältern der freien Wirtschaft mithalten können – er muss aber mehr Instrumente schaffen, um Absolventen mit Bestnoten zu locken.

Verträgt sich diese Flexibilität mit den grundgesetzlich geschützten hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums? Durchaus, sofern das Prinzip der amtsangemessenen Besoldung nicht unterlaufen wird. Um das sicherzustellen, ist gesetzgeberische Detailarbeit gefragt. Eine Besoldungsreform steht für Schwarz-Rot ohnehin auf der Agenda: Bereits seit 2020 ist bekannt, dass das derzeitige Besoldungsrecht nicht den Vorgaben des Grundgesetzes entspricht. Das Bundesverfassungsgericht beanstandete damals die Vergütung von Richtern und Staatsanwälten in Berlin und Nordrhein-Westfalen als zu niedrig.

Digitalisierung als Chance

Auch wenn die damaligen Karlsruher Beschlüsse nur das Landesbesoldungsrecht unmittelbar betrafen, gelten die darin entwickelten Prinzipien auch für den Bund. Da zwischen den Besoldungsgruppen Mindestabstände zu wahren sind, ist eine Reform des gesamten Besoldungsgefüges geboten. Anders als angekündigt hat es die Ampelkoalition nicht geschafft, die Karlsruher Vorgaben gesetzlich umzusetzen. Das verärgerte viele Beamte, könnte für Schwarz-Rot jetzt aber hilfreich sein: Die Koalitionspartner haben so die Chance, die Reform ganz auf ihre Ziele auszurichten.

Zum Nulltarif gibt es all das nicht. Sowohl zusätzliche Anreize für Leistungsträger als auch die schlichte Beachtung der Verfassungsprinzipien kosten zusätzliches Geld. Der öffentliche Dienst sollte insgesamt trotzdem nicht teurer werden. Im Gegenteil: Schwarz-Rot will zu Recht Personal einsparen. Der Koalitionsvertrag sieht vor, den Personalbestand in der Ministerial- und Bundestagsverwaltung sowie „in bestimmten nachgeordneten Behörden“ bis zum Jahr 2029 um mindestens acht Prozent zu reduzieren. Der Kreis der davon betroffenen Stellen sollte nicht zu eng gezogen werden. Die Digitalisierung und die Pensionierungswelle der Babyboomer ermöglichen einen Personalabbau, der weder Nachteile für den Bürger noch soziale Verwerfungen mit sich bringen muss. Schwarz-Rot muss diese Chance nutzen.

Konkrete Vorschläge sind gefragt

Damit das gelingt, haben Regierung und Parlament Aufgaben zu definieren, die wegfallen sollen. Hier bleibt der Koalitionsvertrag leider zu vage: Nur allgemein ist von „Aufgaben- und Ausgabenkritik“ die Rede. Jedes Ministerium und jede Fraktion wird in den kommenden Monaten konkrete Vorschläge machen müssen. Auch die Kommunen, Verbände und Gewerkschaften sind gefragt: Dort gibt es viel Sachverstand, wie Verwaltung effi­zient organisiert werden kann.

In der Vergangenheit fokussierten sich etliche Verbandsvertreter und die Gewerkschaften aber zu stark darauf, mehr Personal zu fordern und in Tarifverhandlungen für Staatsangestellte der unteren Entgeltgruppen überproportionale Gehaltszuwächse durchzusetzen. Damit trugen sie dazu bei, jene Vergütungsunwucht zu schaffen, die nun korrigiert werden muss. Wollen Verbände und Gewerkschaften bei Schwarz-Rot Gehör finden, werden auch sie um konkrete Sparvorschläge nicht herumkommen.