Wie sich die Psyche auf den Magen auswirkt

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Ständig Bauchschmerzen, Völlegefühl und Übelkeit: Ein Reizmagen kann sehr belastend sein. Stress kann die Symptome verstärken. Was Betroffene wissen sollten.

Ein Reizmagen, auch funktionelle Dyspepsie genannt, ist durch monatelange Beschwerden im Oberbauch gekennzeichnet. Viele Betroffene merken: Psychische Belastung kann die Beschwerden erheblich verschlimmern. Warum ist das so – und wie lassen sich die Symptome lindern?

Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit zufolge hat hierzulande etwa jeder siebte bis zehnte Mensch einen Reizmagen. Betroffene leiden unter starken Schmerzen oder einem brennenden Gefühl im Magen, haben mit Völlegefühl zu kämpfen – selbst nach kleinen Mahlzeiten – und sind häufig von Blähungen, Aufstoßen, Übelkeit bis hin zu Erbrechen geplagt. Eine organische Ursache ist nicht zu finden. So belastend der Reizmagen ist: Gefährlich ist er nicht.

Bislang ist nicht abschließend geklärt, wie genau ein Reizmagen entsteht. Untersuchungen lassen auf ein Zusammenspiel verschiedener auslösender Faktoren schließen, darunter:

  • eine eingeschränkte Beweglichkeit des Magens
  • eine veränderte Schmerzwahrnehmung
  • eine Überempfindlichkeit der Bauchnerven
  • eine Überreizung des Nervensystems im Magen

Auch Entzündungen im Verdauungstrakt stehen in Verdacht, einen Reizmagen zu begünstigen, beispielsweise ausgelöst durch Helicobacter-pylori-Bakterien.

Stress und die psychische Situation werden ebenfalls als Auslöser diskutiert. “Depressionen und Ängste können einen Reizmagen begünstigen und bei einem bestehenden Reizmagen die Symptome verstärken. Betroffene berichten wiederholt, dass die Beschwerden in psychisch belastenden Lebenssituationen zunehmen”, sagt Prof. Dr. med. habil. Ahmed Madisch, Chefarzt im Zentrum für Innere Medizin am DIAKOVERE Friederikenstift und Vorstandsmitglied der Gastro-Liga e. V.

(Quelle: Agaplesion Krankenhaus Bethanien)

Prof. Dr. med. habil. Ahmed Madisch ist ist Chefarzt am Zentrum für Innere Medizin am DIAKOVERE Friederikenstift und Vorstandsmitglied der Gastro-Liga e. V. Der Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie behandelt seit vielen Jahren Patientinnen und Patienten mit funktionellen Magen-Darm-Erkrankungen wie Reizmagen und Reizdarm.

Stress wirkt sich nicht nur ungünstig auf die Magenbeweglichkeit, die Verdauungsprozesse sowie die Signalweiterleitung der Nerven aus. Auch die Magensäureproduktion wird unter Stress angeregt, was Magenschmerzen und Brennen fördert. Sodbrennen ist eine häufige Folge von Stress und Hektik im Alltag. Anspannung und psychische Belastungen begünstigen zudem Immunprozesse wie Entzündungsreaktionen. Hinzu kommt, dass unter Stress oft ungesund, üppig und hastig gegessen und zugleich oft nicht gut gekaut wird – was den Magen zusätzlich belastet. Es können vermehrt Druckgefühle, Übelkeit und Blähungen entstehen.

“Bei einem Reizmagen kann leicht ein Teufelskreis entstehen. Nicht nur, dass Stress einen Reizmagen verursachen und die Beschwerden verstärken kann. Die Reizmagen-Symptome können so belastend sein, dass sie wiederum Stress und psychische Störungen bis hin zu Depressionen auslösen können”, weiß Madisch.

Der Experte rät, Stress so weit wie möglich zu verringern und sich nicht zu scheuen, in psychisch stark belastenden Lebenssituationen professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, etwa in Form einer Psychotherapie: “Diese kann dabei unterstützen, mit Stressoren besser umzugehen und für sich selbst leichter einen Ausgleich zu finden, etwa durch erlernte Entspannungstechniken wie autogenes Training oder progressive Muskelentspannung.”

Reizmagen behandeln: Was Betroffenen helfen kann

Nicht immer reichen ein verändertes Stressmanagement und eine bewusstere Ernährung aus, die Reizmagen-Symptome hinreichend zu lindern. Dann können spezielle Reizmagen-Medikamente zur Anwendung kommen. Die verschiedenen Wirkstoffe helfen unter anderem dabei, das Nervensystem im Magen zu beruhigen, die Magenmotorik anzuregen und die Überempfindlichkeit des Magens zu reduzieren. Dazu gehören pflanzliche Präparate, beispielsweise mit Pfefferminzöl, Kamillenöl, Fenchelöl und Kümmelöl. Sie wirken krampflösend, entzündungshemmend und schmerzlindernd.

Ebenso können Antazida, Protonenpumpenhemmer (PPI) sowie H2-Rezeptor-Antagonisten eingenommen werden, um die Beschwerden zu lindern. Antazida neutralisieren die Magensäure und lindern Magenbeschwerden wie Sodbrennen, Aufstoßen und Völlegefühl. Protonenpumpenhemmer reduzieren die Produktion von Magensäure und können bei Magenreizungen entlastend wirken. H2-Rezeptor-Antagonisten verringern ebenfalls die Magensäurebildung.

Prokinetika fördern die Magenbewegung und damit die Magenentleerung. Dadurch wirken sie bei Völlegefühl und Übelkeit unterstützend. Unter Umständen kann es im individuellen Fall empfehlenswert sein, niedrigdosiert die Gabe eines Antidepressivums in Erwägung zu ziehen, um das überreizte Nervensystem in Magen und Darm zu beruhigen. Insbesondere, wenn Stress oder Angst die Beschwerden verstärken.

Bestehende Grunderkrankungen behandeln

“Besteht eine Infektion des Magens mit dem Helicobacter-pylori-Bakterium, sollte diese mit Antibiotika behandelt werden. Liegt zeitgleich eine andere Erkrankung vor, etwa ein Reizdarm oder psychische Probleme wie Depressionen, ist es wichtig, diese ebenfalls zu therapieren”, sagt Madisch.

Der Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie rät, bei länger anhaltenden Magenbeschwerden ohne erkennbare Ursache oder bei sich verstärkenden bestehenden Reizmagenbeschwerden immer einen Arzt aufzusuchen. Unter Umständen kann eine ernste Erkrankung die Ursache der Symptome sein.