CDU-Kanzler Merz hat mehr Spielraum für Wachstum

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Es bewegt sich etwas in der deutschen Wirtschaft. Die Stimmung der Unternehmen hat sich etwas aufgehellt; auch die Verbraucher sind weniger pessimistisch eingestellt als zuvor. Härtere Indikatoren wie der Auftragseingang oder die Produktion entwickelten sich zuletzt überraschend positiv. Die Wahl von Friedrich Merz zum Bundeskanzler ist dafür nicht ursächlich. Doch für Merz ist es ein schöner Bonus am Beginn seiner Kanzlerschaft. Ein ganz klein wenig klingt es nach Friedrich im Glück, auch wenn es verwegen wäre, das zu beschwören.

Zwei wichtige Gründe lassen sich für die leicht verbesserten Konjunkturaussichten nennen. Zum einen klingen die wirtschaftlichen Nachwirkungen der Krisenjahre von der Corona-Pandemie über den Inflationsschock bis zur Unsicherheit und den steigenden Energiekosten nach dem russischen Angriff auf die ­Ukraine allmählich ab.

Zaghaft deutet sich an, dass die privaten Verbraucher etwas Zuversicht fassen und die inflationären Realeinkommensverluste sie weniger als zuvor vom Konsum abhalten. Ein Konsumwunder ist dabei nicht zu erwarten, allein deshalb, weil die Lage am Arbeitsmarkt sich noch verschlechtert.

Was herunterkommt, muss auch wieder hochkommen

Zum anderen helfen die Zinssenkungen der Notenbanken im Euroraum und in vielen wichtigen Ländern. Das erleichtert die finanzielle Lage von Verbrauchern oder Hausbauern und auch die Investitionsentscheidungen von Unternehmen. Vor allem die Auslandsnachfrage hat sich zuletzt gebessert. Auch darin spiegeln sich teilweise die leichteren Finanzierungsbedingungen.

Insoweit verläuft alles in einem konjunkturell normalen Rahmen: Was herunterkommt, muss auch wieder hochkommen. Gesamtwirtschaftlich scheinen das verarbeitende Gewerbe und auch das Baugewerbe zumindest einen Boden gefunden zu haben. Man kann es auch anders formulieren: Die konjunkturelle Aufhellung war mehr als notwendig, damit die Prognosen einer Stagnation oder eines Miniwachstums des Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahr eine Chance haben.

Das Risiko von Trumps Zollgebrüll

Wie weit der zyklische Impuls die deutsche Wirtschaft tragen wird, hängt zu einem guten Teil davon ab, ob der amerikanische Präsident Donald Trump die Weltwirtschaft vollends in Unordnung stürzt oder nicht. Da verbessern sich fast von Tag zu Tag die Aussichten. Erst der im Ergebnis bescheidende Handelsvertrag mit dem Vereinigten Königreich, jetzt die überraschend schnelle und weitreichende Deeskalation im Zollstreit mit China, die in produktive Gespräche zu münden scheint.

Trumps lautes Zollgebrüll läuft derzeit viel leiser auf einen generellen Einfuhrzoll von zehn Prozent heraus, garniert mit diversen handelspolitischen Zugeständnissen der jeweiligen Verhandlungspartner. Käme es dazu – und verbockte die Europäische Union im Beharren auf ihre Souveränität diesen Ausgang nicht –, würden Deutschland und Europa die Handelspolitik der zweiten Amtszeit Trumps wirtschaftlich wohl gut verdauen können. Auch von dieser Seite stehen die Zeichen für die deutsche Wirtschaft also derzeit eher auf Entspannung.

Gut ist damit aber noch gar nichts. Die zögerliche konjunkturelle Besserung ändert rein gar nichts daran, dass die mittelfristigen Wachstumsaussichten für Deutschland sehr niedrig anzusetzen sind. Daran wird sich auch nichts ändern, wenn die Koalition das mit Schulden gut gefüllte finanzpolitische Füllhorn öffnen wird und diese Ausgaben wohl vom kommenden Jahr an wirksam werden. Ein oder zwei Jahre mit einer erwarteten Wachstumsrate von vielleicht einem Prozent oder mehr führen Deutschland nicht auf einen dauerhaft steileren Wachstumspfad.

Wie geht es auf einen steileren Wachstumspfad?

Dieser ist unabhängig vom zyklischen Auf und Ab der Konjunktur und – zumindest auf kurze bis mittlere Sicht – unabhängig von neuen Investitionen in die Reparatur der In­frastruktur. Im Kern bestimmen drei Dinge den Wachstumspfad: die Offenheit, den deutschen Arbeitnehmern die Chance zur Mehrarbeit während des Jahres und im Alter zu geben. Die Offenheit für arbeitswillige und qualifizierte Migranten, um die demographische Schrumpfung ein wenig zu mildern. Und die Offenheit des Landes gegenüber – deutschen und ausländischen – Unternehmen, die hier investieren wollen.

Der Ruf nach Entbürokratisierung, nach dauerhaften Steuersenkungen und nach weniger staatlichen Vorgaben ist insoweit kein Misstrauensvotum gegen die öffentliche Hand. Es ist ein positives Votum dafür, dem Einzelnen wieder mehr Spielraum für Wachstum zu geben. Merz scheint das verstanden zu haben. Er wird sich glücklich schätzen dürfen, wenn er diese Linie durchsetzen kann.