Wie die CDU ihre Klimapolitik verändert hat

3

„Wenn die hessische Regierungskoalition von Technologieoffenheit redet, meint sie in Wirklichkeit Nichtstun.“ So umreißt Mathias Wagner, der Fraktionschef der Grünen, einen der fundamentalen Unterschiede, die seine Partei in der Klimapolitik von Union und SPD trennten. Dass der „Klimaschutz“ in der Amtsbezeichnung des Landwirtschaftsministers Ingmar Jung (CDU) nicht mehr auftauche, sei kein Zufall, sagte der Politiker der Grünen am Mittwoch im Landtag. Das Thema habe für die Koalition keine Bedeutung mehr.

Jung hingegen führt die Erforschung der Kernfusion ins Feld. Das von den Grünen immer wieder hervorgehobene negative Gutachten des Öko-Instituts sei nicht nötig gewesen, erklärt Jung. Denn dass die Technologie bis zum Jahr 2045 keinen Beitrag zur Klimaneutralität erbringe, habe man auch so schon gewusst. Aber dieses Wissen eigne sich nicht als Argument gegen das Projekt.

Es bestehe die Chance, mit Vertretern aus Wirtschaft und Forschung in Darmstadt den Grundstein für die langfristige kommerzielle Nutzung der Fusionsenergie zu legen. Sie könne in Zukunft möglicherweise einen wesentlichen Beitrag für eine saubere und wirtschaftliche Versorgung leisten.

Der Wald als “Klimamotor“

Darum werde sie mit zwanzig Millionen Euro aus dem Landeshaushalt unterstützt. Wie berichtet, hat sich auch die neue Bundesregierung positioniert. „Wir wollen die Fusionsforschung stärker fördern“, heißt es im schwarz-roten Koalitionsvertrag. „Unser Ziel ist: Der erste Fusionsreaktor der Welt soll in Deutschland stehen.“

Wagner und Jung werfen sich im Landtag gegenseitig vor, keinen einzigen neuen Vorschlag gemacht zu haben. Jung weist darauf hin, dass dem hessischen Klimaschutz im Etat 2025 mit der eingeplanten Summe von fast 23 Millionen Euro mehr Fördermittel zur Verfügung stünden, als in den vergangenen Jahren abgerufen worden seien.

Er unterstreicht die Bedeutung des Waldes als CO2-Speicher und „Klimaschutzmotor“. Dies gelte aber nur, wenn er gesund sei. Tatsächlich gehe es ihm viel schlechter, als die breite Öffentlichkeit wahrgenommen habe. Jetzt würden von der Wissenschaft empfohlene, klimaresistente Bäume gepflanzt.

Das habe das von der früheren schwarz-grünen Landesregierung beschlossene FSC-Zertifizierungssystem verhindert. Jung kündigt an, dass das Klimaschutzgesetz novelliert und der Klimaplan weiterentwickelt würden. Dabei binde man die Menschen ein, die die Vorschriften an Ort und Stelle verwirklichen müssten.

Der AfD-Abgeordnete Klaus Gagel warnt vor dem „Irrweg des sogenannten Klimaschutzes“. In einem schriftlichen Antrag der Fraktion heißt es, „dass sich das Klima seit Menschengedenken wandelt. ‚Schutz‘ vor einer Veränderung des Klimas kann es daher nicht geben. Die politische Forderung nach ‚Klimaschutz‘ ist somit unmöglich.“

Die AfD und die Physik beim Klimawandel

Sogar aus der Sicht der AfD könnten die Migranten am Klimawandel ausnahmsweise einmal nicht schuld sein, meint der energiepolitische Sprecher der FDP, René Rock. Darum sage man nun, es gebe ihn gar nicht. Die physikalischen Realitäten spielten für die Partei keine Rolle. Rock kritisiert aber auch die Regierungskoalition.

Deren Entschließungsantrag ignoriere beispielsweise die Tatsache, dass 40 Prozent der hessischen Industrieunternehmen ihre Produktion wegen des hohen Strompreises verlagern wollten. Dies hänge auch damit zusammen, dass Deutschland die ambitionierten Klimaziele der Europäischen Union „immer noch toppen“ wolle. Aber niemand hindere die Bundesregierung daran, die wettbewerbsfeindliche CO2-Steuer abzuschaffen. „Das können wir selbst in die Hand nehmen.“

Landwirtschaftsminister Ingmar Jung (CDU) will den hessischen Wald stärken, wie er sagt
Landwirtschaftsminister Ingmar Jung (CDU) will den hessischen Wald stärken, wie er sagtdpa

Rock fragt, wie weit denn die von CDU und SPD beschworene „Technologieoffenheit“ gehe. Zur jüngsten Generation von Atomkraftwerken finde sich in dem vorgelegten Papier jedenfalls kein Wort. Unklar sei auch, ob am Standort Staudinger das dringend benötigte Gaskraftwerk entstehe. Dasselbe gelte für die Frage, wie man mit dem von der Ampelregierung verabschiedeten Heizungsgesetz um­gehen werde. „Noch nie ist der Klimaschutz so diskreditiert worden wie durch dieses Gesetz“, stellt Rock fest.

Wie die Redner der CDU, so stellt sich auch die umweltpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Kerstin Geis, hinter das Konzept eines einheitlichen und sektorenübergreifenden CO₂-Zertifikatehandels. Es sei eine wissenschaftliche Erkenntnis, dass marktwirtschaftliche Ins­trumente an dieser Stelle ein effizientes Mittel zur Bekämpfung des Klimawandels sein könnten. Dabei dürften aber die Menschen mit kleineren und mittleren Einkommen nicht die Leidtragenden eines steigenden CO2-Preises werden. Für sie müsse ein Ausgleich geschaffen werden.