Der 25. Juni wird zum Stichtag für die Wirtschaft

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Die schwarz-rote Koalition hat sich einen ersten Stichtag gesetzt: Am 25. Juni soll das Kabinett ein großes Maßnahmenpaket beschließen, um Deutschlands lahmende Wirtschaft wieder flott zu machen. Umfassen soll es den Bundeshaushalt 2025, die Eckwerte für den Etat 2026, den Investitions-Booster und die sich daran anschließende Senkung der Körperschaftsteuersätze sowie niedrigere Strompreise. Diesen Ablauf skizzierten Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) und Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) am Mittwoch in der Fragestunde des Bundestages. Anschließend bekräftigte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) die Marschrichtung in seiner ersten Regierungserklärung.

„Mein Anspruch ist es, dass wir Deutschland wieder auf Wachstumskurs bringen“, sagte Klingbeil zum Auftakt. 500 Milliarden Euro stünden über das Sondervermögen bereit für Investitionen „in die größte Modernisierung unseres Landes seit Jahrzehnten“. Positiv wertete er, dass die Länder sich schon über die Aufteilung der 100 Milliarden Euro verständigt haben, die ihnen in den zwölf Jahren zur Verfügung gestellt werden, im Jahr gut 8,3 Milliarden Euro. Die drei größten Empfänger sind Nordrhein-Westfalen (mit knapp 1,8 Milliarden Euro jährlich), Bayern (rund 1,3 Milliarden Euro) und Baden-Württemberg (1,1 Milliarden Euro).

Der SPD-Vorsitzende sagte abermals, dass das Finanzministerium das „Investitionsministerium“ der Regierung sein solle. Mit dem Haushaltentwurf werde das Kabinett die neue Superabschreibung von 30 Prozent für 2025, 2026 und 2027 und auch schon die 2028 einsetzende Senkung der Körperschaftsteuer um jeweils einen Prozentpunkt für die darauffolgenden fünf Jahre vorlegen. „Das wird ein gemeinsames Gesetz sein“, erläuterte der Vizekanzler. „Das ist auch international ein wichtiges Zeichen, was den Standort Deutschland, was die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes angeht.“

Neue Köpfe im Finanzministerium

Klingbeil hat sein Ministerium schon neu organisiert, um zügig loslegen zu können. Drei beamtete Staatssekretäre hat er neu ins Haus geholt. Björn Böhning, ein Weggefährte aus Juso-Zeiten, wird sich um die Koordinierung der Regierungsarbeit kümmern. Rolf Bösinger kehrt aus dem Bau- ins Finanzministerium zurück und wird sich dort vor allem um die Steuerpolitik kümmern, wie schon zu Zeiten des Finanzministers Olaf Scholz (SPD). Jeanette Schwamberger, die Scholz als Finanzminister und Bundeskanzler eng zugearbeitet hat, wird Staatssekretärin für Internationales. Steffen Meyer war schon mit Jörg Kukies aus dem Kanzleramt ins Finanzministerium gewechselt. Er bleibt als Staatssekretär für den Haushalt verantwortlich. Im Wirtschaftsministerium hat Katherina Reiche (CDU) bislang erst Frank Wetzel als beamteten Staatssekretär berufen, der zuvor im Kanzleramt die Industrie- und Innovationspolitik betreut hat.

Der Grünen-Haushaltspolitiker Sebastian Schäfer hält den Zeitplan der Koalition für wenig ambitioniert. „Wir brauchen in dieser nach wie vor sehr schwierigen konjunkturellen Lage ein Ende der vorläufigen Haushaltsführung“, sagte er der F.A.Z. Bürger und Unternehmen brauchten Planungssicherheit. „Gleichzeitig müssen wir Länder, Kommunen, aber auch den Bund schnell in die Lage versetzen, die neuen Möglichkeiten aus dem Finanzpaket zu nutzen.“

Kanzleramtsminister Frei bestätigte die Absicht, so bald wie möglich die Stromsteuer auf das europarechtliche Minimum zu reduzieren. Für das produzierende Gewerbe hatte das die Ampelkoalition schon befristet bis Ende 2025 gemacht. Diese Maßnahme soll jetzt verlängert und ausgeweitet werden. Darüber hinaus wolle die Koalition die Netzentgelte „im Durchschnitt“ halbieren, wie Frei sagte. Die Regierung müsse viele Maßnahmen zusammen ergreifen, damit das Potenzialwachstum in Deutschland zulege. Dazu gehörten auch die Arbeitsmarktpolitik und der Bürokratierückbau.

Junge Generation im Fokus

Frei äußerte sich auch zu einem Thema, das in den vergangenen Tagen für Konfliktstoff zwischen Union und SPD gesorgt hat: „Wir möchten das nationale Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz abschaffen“, sagte er und fügte hinzu, die europäische Regelung zu den Lieferketten solle möglichst bürokratiearm umgesetzt werden. Damit gab der Kanzleramtschef exakt das wieder, was im Koalitionsvertrag steht. Sein Chef Friedrich Merz ging am Dienstagabend bei einer Veranstaltung des der CDU nahestehenden Wirtschaftsrats deutlich weiter und forderte, auch die Europäische Richtlinie abzuschaffen. „Die darf nicht nur vertagt werden, die muss aufgehoben werden, die muss weg“, sagte Merz zur Freude der Wirtschaftsvertreter im Publikum. In der SPD kam das nicht gut an. Klingbeil hatte zuvor bei einem Besuch in Brüssel schon deutlich gemacht, dass die europäischen Vorgaben wichtig bleibe. Der Kanzler erwähnte das heikle Thema in seiner Regierungserklärung lieber nicht.

Was er dagegen mehrfach sagte: dass seine Regierung nicht zuletzt die Interessen der jüngeren Generation berücksichtigen wolle. „Ich gehöre einer Generation an, für die es eigentlich immer nur vorwärts und aufwärts ging“, sagte Merz. Viele Jüngere hätten daran aber Zweifel. Er werde sich persönlich dafür einsetzen „dass die jungen Generationen nicht überfordert werden mit Aufgaben, für die ihre Eltern nicht genügend Vorsorge getroffen haben“, sagte Merz.

Dies dürfte eine Reaktion darauf sein, dass in der Bundestagswahl bei den Wählern unter 25 Jahren die Linke auf 25 und die AfD auf 21 Prozent kam, Union und SPD dagegen nur auf 13 beziehungsweise 12 Prozent. Die beiden Regierungsparteien haben dagegen überdurchschnittlich viele Wähler in der Altersgruppe 60 Jahre und älter. In den vergangenen Tagen gab es in der Koalition einen Dissens zu der Frage, ob auch Beamte, Abgeordnete und Selbständige in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen sollten.

Die SPD ist dafür, die Union dagegen. Frei sagte dazu in der Debatte am Mittwoch, eine solche Änderung ändere nichts an den demographischen Herausforderungen. Klingbeil ließ dagegen durchblicken, dass er es begrüßen würde, wenn die im Koalitionsvertrag vereinbarte Expertenkommission zu solchen Reformvorschlägen kommen sollte. Er räumte ein, dass „man“ in der vergangenen Legislatur schon mehr Reformen hätte erreichen können.