Trotz des unsicheren Umfelds in der Weltwirtschaft bleibt der sich immer stärker digitalisierende Industriekonzern zuversichtlich. Nachdem im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2024/25 (per 30. September) das Ergebnis aus dem industriellen Geschäft mit 3,2 Milliarden Euro den Vorjahreswert um 29 Prozent übertroffen hatte, bestätigte der Vorstand mit dem Vorsitzenden Roland Busch am Donnerstag die Prognosen für das Gesamtjahr: Demnach wird weiterhin ein Umsatzwachstum von drei bis sieben Prozent erwartet und ein Gewinn um das Rekordniveau des Vorjahres.
Die Auswirkungen der Zölle wertete Busch auf der Telefonkonferenz gegenüber Journalisten als begrenzt, was die eigenen Geschäftsfelder Digital Industrie (Industrieautomatisierung), Smart Infrastructure (Elektrifizierung und Gebäudetechnik) sowie Mobility (Zugtechnik) betrifft. „Wie sie sich auf das Verhalten der Kunden, die weltweite Nachfrage und die Gesamtwirtschaft auswirken, ist schwer vorherzusagen“, schränkte der Siemens-Chef ein.
Mittelzufluss enttäuscht
Er verwies auf die Kostenbasis im Konzern, die zum größten Teil auf Nordamerika beruhe, überwiegend auf den USA. „Wo nötig, ergreifen wir umfassende Maßnahmen, etwa bei der Beschaffung, durch Preisanpassungen oder indem wir Produktionskapazitäten diversifizieren“, sagte Busch. Dennoch ergäben sich durch die höhere Unsicherheit Folgeeffekte, die schwer vorhersehbar seien.
Der Aktienkurs geriet unter Druck und gab um 3,5 Prozent nach. Deutsche-Bank-Analyst Gael de-Bray wertete den Mittelzufluss (Free Cash-Flow) von einer Milliarde Euro als enttäuschend. Er lag damit um ein Viertel unter dem Vorjahreswert. Insgesamt stufte er die Quartalszahlen aus durchwachsen ein. Positiv überraschte ihn der Auftragseingang, der sich um neun Prozent auf 21,6 Milliarden Euro erhöhte. Dazu trug vor allem die Zugtechniksparte mit einem Auftragsplus von 22 Prozent auf 3,9 Milliarden Euro bei. Der Auftragsbestand betrug Ende März 117 Milliarden Euro.
Hoffnung schöpft der Siemens-Vorstand im Kerngeschäft Digital Industries, wo sich die zuletzt darniederliegende Nachfrage in China wieder belebt. „Dort sind nun – wie erwartet – die hohen Lagerbestände unserer Kunden gegen Ende des zweiten Quartals weitgehend abgebaut“, berichtete Busch. Der Auftragseingang der Sparte lag mit 4,3 Milliarden Euro auf Vorjahresniveau.
Belebung in China
Das Automatisierungsgeschäft habe aufgrund der höheren Nachfrage in China ein deutliches Auftragswachstum verzeichnet. Einmal mehr setzte die Sparte Smart Infrastructure ihren Erfolgslauf mit Ergebnis- und Profitabilitätssteigerung bei höheren Umsatzerlösen, einer gestiegenen Kapazitätsauslastung sowie Produktivitätsverbesserungen fort. Mit 1,4 Milliarden Euro fiel der Spartengewinn im zweiten Quartal mehr als doppelt so hoch aus wie der Digital Industries.
Von der neuen Bundesregierung und Bundeskanzler Friedrich Merz forderte Busch weniger Bürokratie sowie mehr und schnellere Innovationen. Seinen Worten zufolge müssten die Regulierungen auf ein vernünftiges Maß begrenzt werden. Das Lieferkettengesetz kritisierte der Siemens-Chef als völlig überzogen. Zudem seien schnellere Genehmigungsverfahren nötig, um Investitionen zu fördern. „Deutschland hat in jedem Fall das Potential für einen Aufbruch“, betonte Busch.