Zwischenmenschliche Beziehungen: Man kann “sich riechen” lernen

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Stand: 15.05.2025 13:37 Uhr

Ob uns jemand sympathisch ist oder nicht, entscheidet unser Geruchssinn maßgeblich mit. Doch ein US-Forschungsteam hat jetzt herausgefunden, dass dieses erste Urteil “durch die Nase” nicht in Stein gemeißelt ist.

Gerüche können in Menschen emotionale Reaktionen hervorrufen. So kann beispielsweise der vertraute Geruch eines zurückgelassenen Kleidungsstückes bestimmte Erinnerungen an eine Person wecken. Im Gegensatz dazu können unangenehme Gerüche auch zu ablehnenden Reaktionen führen.

Forschende gingen bisher davon aus, dass der erste Geruchseindruck recht stabil ist und sich nicht verändert. Eine neue Studie aus den USA hat nun aber gezeigt: Ob wir einen Geruch als positiv oder negativ wahrnehmen, kann sich verändern: Personen, die wir zunächst ‘”nicht riechen”‘ können, könnten nach einer sympathischen Begegnung für uns sogar angenehm duften.

Sympathie formt Dufturteil

Dafür haben Forschende untersucht, wie 40 Frauen den Geruch einer anderen Teilnehmerin bewerten – einmal vor und einmal nach einer Begegnung. Untersucht wurde jedoch nicht der reine Körpergeruch, sondern jener, wie wir ihn im Alltag wahrnehmen: der körpereigene Geruch, gemischt mit Parfum, Shampoo und Duschgel. Das Ergebnis: Ein Geruch, den die Teilnehmenden vor einer Begegnung als unangenehm empfanden, wurde nach einer positiven Interaktion besser bewertet.

Geruchswahrnehmung durch emotionale Erlebnisse geprägt

Ein möglicher Grund: Wie wir einen Geruch wahrnehmen, ist nicht nur biologisch bedingt, erklärt die Psychologin Ilona Croy. Sie forscht an der Uni Leipzig zur Wirkung von Gerüchen auf unsere Beziehungen.

“Die meisten Leute können ja den Körpergeruch Ihres Partners am Anfang leiden und finden den auch attraktiv und dann aber, wenn die Partnerschaft so langsam in die Brüche geht, dann ist das halt nicht mehr so. Und das hat also unserer Meinung nach auch einfach viel mit Konditionierung zu tun.”

Konditionierung bezeichnet in der Psychologie einen Lernprozess, bei dem ein bestimmtes Verhalten durch wiederholte Erfahrung mit bestimmten Reizen erlernt oder verändert wird. Das heißt, wir verknüpfen den Geruch einer Person mit den Erfahrungen, die wir mit ihr gesammelt haben. Positive Erlebnisse können dazu führen, dass uns ein Duft angenehm und vertraut erscheint. Umgekehrt kann ein Geruch, den wir früher mochten, nach unschönen Erfahrungen abstoßend wirken – zum Beispiel, wenn wir uns mit unserem Partner über längere Zeit streiten.

Gerüche sind wie Fingerabdrücke

Im Gehirn wirken Gerüche direkt auf das limbische System, welches unter anderem für Emotionen und das Langzeitgedächtnis verantwortlich ist. Hier entscheidet sich, ob wir einen Geruch mögen oder nicht.

Wenn der Geruch einer Person einmal von unserem Gehirn registriert wird, speichert es diesen exakt ab – wie eine Art gedanklicher Fingerabdruck. Das Gehirn merkt sich den Geruch und die Art der Begegnung – etwa, ob sie sympathisch oder unschön war. Riechen wir die Person dann nochmal, werden unterbewusst die Erinnerungen und Gefühle wach, die wir mit ihr verbinden.

Geruchsurteil entsteht unterbewusst

Obwohl wir permanent Gerüche wahrnehmen, falle es uns oft schwer zu begründen, warum uns ein Geruch gefällt oder abstößt, so Ilona Croy. Das liege daran, dass Gerüche in Regionen verarbeitet werden, die tief im Gehirn liegen. Auf diese Bereiche haben wir nur begrenzten bewussten Zugriff – viele Prozesse laufen unbewusst ab.

“Wenn ich jetzt den Körpergeruch von irgendjemanden rieche, dann kann ich nicht sagen, dieses und jenes Molekül, ich kann auch nicht so richtig sagen, der riecht jetzt nach Brombeere. Aber ich kann sagen, mag ich oder mag ich nicht. Aber Gerüche sind eben ziemlich emotional getönt.”

Wie wir Gerüche empfinden, ist also mehr als ein neutrales Abbild eines Reizes – unser Geruchssinn ist geprägt von dem, was wir erleben.