FDP-Parteitag: Christian Lindner nimmt Abschied

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Niemals geht man so ganz. Das hat Christian Lindner schon in den vergangenen Tagen deutlich gemacht. Der langjährige FDP-Vorsitzende kommentierte auf Instagram die Politik der Bundesregierung, ganz so, als wollte er sie schon bald wieder vom Rednerpult attackieren, und ließ auch sonst durchblicken, der FDP künftig nicht nur als Karteileiche erhalten bleiben zu wollen. Konstruktiv trat er denn auch am Freitag auf dem FDP-Parteitag in Berlin auf. Der kam zusammen, um seinen Nachfolger zu wählen. Und darüber zu sprechen, wie es mit der Partei weitergehen könnte. Aber zuerst kam Lindners Abschied.

In seiner Rede setzte Lindner vor allem auf Rechtfertigung und Ermutigung; auf eine Fehleranalyse verzichtete er weitgehend. Es gebe zwei Deutungen dafür, dass die FDP bei der Bundestagswahl abgestürzt sei. Erstens: Sie habe zu viele Kompromisse gemacht. Zweitens: Sie habe zu wenige Kompromisse gemacht. Lindner verzichtete darauf, sich einer Deutung anzuschließen, und betonte lieber seine Verankerung in liberalen Werten. „Mir fallen flotte Wenden bei den politischen Grundüberzeugungen schwer“, sagte Lindner, in der CDU gebe es viele, „die dazu mehr Talent haben als wir“.

Den Eintritt in die Ampelregierung bewertete er als alternativlos. Man habe es aus „staatspolitischer Verantwortung“ getan. „Wir kannten das Risiko, aber sind es eingegangen.“ In der Regierungskoalition habe man dann getan, „was möglich war“. Das sei im Übrigen nicht wenig gewesen. Zögerlicher Applaus im Saal.

Lindner verteilt viel Lob – auch für seinen Nachfolger

Lindner machte keinen Hehl daraus, dass die Jahre in der Regierung oft hart für ihn gewesen seien. Er habe stets versucht, alle Teile der Partei zu integrieren und „allen Gesichtswahrung zu ermöglichen“. Eine Anspielung darauf, dass Lindner – auch aus seiner Partei – immer wieder dafür kritisiert worden war, aggressiven Attacken von Parteifreunden auf Grüne oder auch öffentlich vorgetragenen Maximalforderungen nicht deutlich genug eine Absage erteilt zu haben. Humorvoll adressierte Lindner auch seinen Vize-Vorsitzenden Wolfgang Kubicki. An diesem bewundere er, „wie du es schaffst, deine angeborene Scheu gegenüber den Medien zu überwinden“.

Kubickis Hang zu impulsiven Wortmeldungen, die ihn oft genug in Erklärungsnot gebracht hatten, kommentierte Lindner nun versöhnlich: „Du fühlst oft das Richtige, und Marco Buschmann kann die Gründe dafür angeben.“ Der frühere Bundesjustizminister Buschmann wiederum, einer von Lindners engsten Vertrauten, könne Kritik in „scheinbar offene Fragen übersetzen“, hob Lindner hervor. Lob fand er auch für die frühere Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger, die Charakter bewiesen habe, als sich die FDP nach dem Rausschmiss Lindners aus der Regierung zurückzog. Seinen früheren Staatssekretär und Ampel-Koordinator Steffen Saebisch pries Lindner als hochbegabten Kompromissschmied.

Für seinen designierten Nachfolger als Parteichef, Christian Dürr, fand Lindner besonders freundliche Worte. „Eigenständig und nicht unkritisch“ habe Dürr die Fraktion geführt, Verhandlungsgeschick nach innen und außen bewiesen; er sei außerdem ein leidenschaftlicher Redner. Lindner forderte die Partei auf, Dürr loyal zu unterstützen. Das Amt des Vorsitzenden sei eine große Ehre, aber auch mit Härte verbunden. Da brauche man Rückhalt. Dürr soll am Nachmittag zu Lindners Nachfolger gewählt werden. Lindner endete mit den Worten, die Zukunft der FDP liege in der „Erneuerung aus ihrer eigenen großartigen Tradition“.

Nach Lindners Rede, die mit stehendem Applaus quittiert wurde, folgte die Aussprache. Einige Parteimitglieder äußerten neben Lob für Lindner auch den Wunsch, künftig manches anders zu machen. Maxim Hauk aus der Auslandsgruppe Europa kritisierte, dass neues Personal an die Parteispitze gewählt werde, bevor die Neuausrichtung der Partei inhaltlich klar sei.