Bücher sind dem Handelsunternehmen Thalia längst nicht mehr genug. Neben Romanen und Sachbüchern stehen in den Filialen auch Kalender, einige Schreibwaren und Geschenkartikel, manche regionale Lebensmittel – und Spielwaren. Die Kinderartikel gelten offensichtlich für das Unternehmen als Segment mit Zukunft, denn Thalia übernimmt nun auf einen Schlag 39 Spielwarenfachgeschäfte zwischen Lübeck in Schleswig-Holstein und Garmisch-Partenkirchen im Süden Bayerns, von denen 18 unter dem Namen Spielwaren Krömer firmieren und 21 Toysino heißen.
Thalia-Chef Ingo Kretzschmar sagt, das sei „eine strategische Entscheidung, unser Wachstum im Spielwarensegment konsequent auszubauen“. Aber er nennt es „auch ein gesellschaftliches Signal“. Während sich klassische Spielwarenhändler vielerorts aus Innenstädten zurückzögen, wolle Thalia dieser Entwicklung „aktiv entgegenwirken“. Schon 2024 hatte Thalia mit der MuKK Kinderwelt in Münster ein Spielwarengeschäft übernommen.
Den beiden nächsten Zukäufen – Spielwaren Krömer und Toysino – ist gemein, dass sie denselben Unternehmern gehören, den Brüdern Christian und Daniel Krömer aus dem bayerischen Schrobenhausen. Die ziehen sich nicht zurück. Sie geben ihre Unternehmensanteile zu einem ungenannten Preis ab, werden aber Thalia-Manager und sollen für die Gruppe das Segment Spielwarenhandel aufbauen und ausbauen.
Von Otto über Toysino unter das Thalia-Dach
Die 21 Toysino-Läden, die nun abermals den Eigentümer wechseln, haben eine bewegte Geschichte hinter sich. Bei den Krömers landeten sie erst vor rund anderthalb Jahren. Zuvor hießen sie Mytoys, wie die gleichnamige Spielwarenonlineplattform des Versandhändlers Otto. Der gab aber den kaum erfüllbaren Plan auf, mit Mytoys die führende Spielwarenplattform Europas zu schaffen. Der separate Onlineshop schloss, die Läden wurden verkauft.
Für die Brüder Krömer war schon die Übernahme der Mytoys-Läden unter dem neuen Namen Toysino ein Sprung. Zuvor betrieben sie nur in Bayern Fachgeschäfte, eher mit kleinerer Verkaufsfläche, dafür aber meist mitten in Innenstädten. Die ehemaligen Mytoys-Läden sind größer, bundesweit verteilt und oft in Einkaufszentren.
Nun folgt die nächste Änderung: Die Läden werden Teil von etwas Größerem. „Die Vision, gemeinsam weiterzuwachsen, unsere Kräfte zu bündeln und die Stärken beider Unternehmen zu nutzen, war für uns ausschlaggebend, an Thalia zu verkaufen“, sagt Christian Krömer, der auch im Vorstand des Bundesverbands des Spielwaren-Einzelhandels (BVS) sitzt.
Umsortieren im Spielwarenhandel
Mit der Übernahme, der noch Kartellbehörden zustimmen müssen, setzt sich das Umsortieren im Spielwarenhandel fort. In den vergangenen Jahren verschwand schon Toys’R’Us, die Kette aus den USA war insolvent, in Deutschland bestehen die Läden aber nach der Übernahme durch den irischen Händler Smyths Toys unter neuem Namen weiter. Die stationären Geschäfte von Spiele Max haben indes die Insolvenz nicht überdauert.
Die Zahl der Spielwarengeschäfte in Deutschland schrumpft, laut Schätzungen gibt es noch etwa 2500. Die Zahl der Orte, an denen Kinderartikel gekauft werden können, ist dennoch groß, da Spielwaren als lohnende Ergänzung zu anderen Produkten gelten. Größere Supermärkte haben Spielzeugregale, die Drogeriekette Müller ist zu einem der größten Spielwarenhändler des Landes aufgestiegen, Discounter führen Kinderprodukte als Saisonartikel in der umsatzstarken Phase vor Weihnachten. Und auch der Buchhandel hat im Spielwarensegment deutlich zugelegt, diesen Weg will Thalia nun weitergehen.