Dieser Fund stellt den Zeitrahmen der Evolution in Frage: Zwei australische Hobby-Paläontologen fanden versteinerte Fußspuren von Reptilien. Das Besondere: Sie sind deutlich älter als man dachte, dass Reptilien überhaupt sind.
Vor etwa 390 bis 400 Millionen Jahren trauten sich die ersten Meeresbewohner an Land. Von diesen Tieren stammen alle Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere ab – also auch der Mensch. Der Fund der Hobby-Forscher stellt jetzt in Frage, was wir über den Zeitraum dieser Entwicklung zu wissen glaubten.
Spuren auf 355 Millionen Jahre alter Steinplatte
Die Fußspuren scheinen von einem frühen Reptil zu stammen. Gefunden wurden sie auf einer circa 355 Millionen Jahre alten Steinplatte – und zwar von den beiden Hobby-Paläontologen Craig Eury und John Eason.
Der wichtigste Hinweis darauf, dass die Abdrücke von einem Ur-Reptil stammen, sind die Krallen.
Das Problem: Die ältesten bisher entdeckten Fossilien von frühen Reptilien sind nur etwa 320 Millionen Jahre alt – also 35 Millionen Jahre jünger. Bisher wurde davon ausgegangen, dass sich die Reptilien frühestens um diese Zeit entwickelt haben.
Zu der Zeit, aus der die Steinplatte stammt, dachte man, gebe es nur Landwirbeltiere, die für ihre Fortpflanzung noch ans Wasser gebunden waren – so wie die heutigen Amphibien.
Forschungsteam analysiert Fund der Hobby-Paläontologen
Dass die jetzt gefundenen, älteren Spuren von einem frühen Reptil stammen müssen, da ist sich der Wirbeltierpaläontologe Per Ahlberg aber sicher. Er ist Professor an der Universität Uppsala in Schweden und hat die Fußspuren gemeinsam mit Kollegen aus Australien analysiert. Ihre Ergebnisse veröffentlichte das Team nun im Fachmagazin Nature.
Der wichtigste Hinweis darauf, dass die Abdrücke von einem Ur-Reptil stammen, seien die Krallen. Alle Amnioten – das sind Landwirbeltiere, die nicht mehr auf das Wasser angewiesen sind, um sich fortzupflanzen – haben Krallen. Unsere Finger- und Zehnägel sind beispielsweise angepasste Krallen.
Auch die Form des Abdrucks, die Proportionen der Zehen und wie sich die Zehen abspreizen, sind für Ahlberg deutliche Anzeichen für ein Reptil. “Das ist genau wie bei anderen Fußabdrücken von frühen Reptilien, die wir von jüngeren Fossilien kennen. Das einzige komische ist das Alter.”
Evolution schneller als angenommen
Wann sich die ersten Landwirbeltiere entwickelten, da ist sich die Forschung recht sicher. Funde legten dafür einen Zeitraum von etwa 390 Millionen Jahren fest.
Der neue Fund weist nun darauf hin, dass die ersten Amnioten sich dann aber viel schneller entwickelten als angenommen. Bisher gab es aber schlichtweg keine Fossilien, die auf diese frühe Entwicklung der Amnioten hingewiesen hätten. Das zeige auch, dass der Fossilienbestand sehr unvollständig ist, erklärt Ahlberg.
Menschliche Vorfahren in unwirtlicher Umgebung?
Die Spuren stammen zwar von einem frühen Reptil, das sich auf einem anderen Zweig des Stammbaums befindet als der Mensch. Dennoch zeigt der Fund, dass auch unsere Vorfahren sich bereits früher entwickelten.
Der bisher angenommen Zeitrahmen der Evolution steht damit in Frage. “Bisher dachten wir, die Party an Land war schon in vollem Gange, als wir ankamen, und es gab ein voll entwickeltes Ökosystem. Mittlerweile sieht es eher danach aus, dass wir schon früher aufgetaucht sind, als das Landökosystem noch nicht so weit entwickelt war”, erklärt Ahlberg. Was genau das für die Entwicklung des Menschen bedeutet, ist allerdings noch unklar.
Motivationsschub für Hobby-Paläontologen
Dass Ahlberg, wie er bereitwillig zugibt, selbst nicht an dem Fund der Fossilien beteiligt war, stört ihn gar nicht. Im Gegenteil, er befürwortet, dass sich auch Amateure bei der Suche nach Fossilien beteiligen und freut sich für die beiden australischen Hobby-Paläontologen Eury und Eason.
“Während John schon öfter nach Fossilien gesucht hat, war es für Craig das erste Mal und er wusste eigentlich gar nicht, wonach er suchen sollte. Das war aber wahrscheinlich gut. Denn John suchte gezielt nach fossilen Fischen und die Steinplatte mit den Abdrücken ist ganz anders konserviert. Deswegen war es Craig, der sie entdeckte, weil er sich einfach dachte: ‘Oh, warte mal, ist das was?'”
Ahlberg und seinen Kollegen war es wichtig, Eury und Eason auch bei der Auswertung der Steinplatte miteinzubeziehen. Beide sind auch als Autoren auf dem Artikel vermerkt – für ein so renommiertes Fachmagazin wie Nature ist das eine seltene Ehre für Hobby-Forscher.
Der Fund ist für Ahlberg außerdem auch ein Zeichen dafür, wie wichtig Ausgrabungen für die Paläontologie sind. “Ich würde allen jungen Paläontologen empfehlen: Geht ins Feld! Die Wahrheit ist wirklich irgendwo da draußen.”