Schauspielerin Annalena Schmidt blickt zurück auf ihr überraschendes Aus beim “Tatort” – und spricht über den harten Umgang mit älteren Frauen im TV.
Von 1998 bis 2024 war Annalena Schmidt im Ludwigshafener “Tatort” in der Rolle der Kommissariatssekretärin Edith Keller zu sehen. Erstmals trat sie in der Folge “Engelchen flieg” auf. Der überraschende Abschied folgte vergangenes Jahr im Januar in der Episode “Avatar”. Ein Abschied, den Schmidt nicht hat kommen sehen.
“Das kam sehr überraschend für mich und hat mich damals kalt erwischt”, erinnert sich Annalena Schmidt im Gespräch mit t-online an den Moment zurück, als sie vor rund zwei Jahren aus dem “Tatort”-Team ausgeschieden ist – gegen ihren Willen. “Es gab schlicht keinen nachvollziehbaren Grund dafür.” Besonders bitter: Ihre Figur war zu diesem Zeitpunkt präsenter als früher. “Ich hatte deutlich mehr Drehtage als zuvor. Also wurde ich auch teurer. Bis zuletzt wurde mir gesagt, wie wichtig meine Figur für den ‘Tatort’ sei.”
“Früher waren langjährige Ermittlerteams fast das Markenzeichen beim ‘Tatort’. Heute hat man den Eindruck: Wer zu lange dabei ist, steht auf der Abschussliste.”
Annalena Schmidt zu t-online
Wer die Entscheidung getroffen hat, bleibt für sie bis heute ein Rätsel. “Ich habe nie eine Antwort bekommen, warum ich beim ‘Tatort’ ausgetauscht wurde – oder wer letztlich diese Entscheidung getroffen hat.” Ihr Produzent und der langjährige Chefredakteur hätten ihr im Gespräch beteuert, dass es nicht ihre Entscheidung gewesen sei. “Beide sagten mir damals, dass mein Aus an anderer Stelle beschlossen wurde.”
Für die 73-Jährige ist der Vorfall kein Einzelfall, sondern Symptom einer größeren Entwicklung. “Früher waren langjährige Ermittlerteams fast das Markenzeichen beim ‘Tatort’. Heute hat man den Eindruck: Wer zu lange dabei ist, steht auf der Abschussliste.”
Mit Blick auf ihre ehemalige “Tatort”-Kollegin Ulrike Folkerts sieht sie klare strategische Entscheidungen: “Ulrike hätte man nicht absägen können – sie ist eine Instanz. Sie war die erste Kommissarin in der Geschichte des ‘Tatort’ und hat eine große queere Community hinter sich. Deshalb mussten wohl an anderer Stelle Veränderungen vorgenommen werden. Die Einzigen, die infrage kamen, waren Peter und ich. Plötzlich waren wir die Alten – und mussten gehen.” Auch ihr Kollege Peter Espeloer war 25 Jahre lang für den Ludwigshafener “Tatort” im Einsatz – auch für ihn kam das Aus völlig unerwartet.
Dass die jungen Talente im “Tatort” ihre Rollen gut ausfüllen, sieht sie mit gemischten Gefühlen. “Die machen das ganz entzückend”, sagt sie, fügt aber mahnend hinzu: “Ich habe dann zum Produzenten gesagt: Hegt und pflegt sie, baut sie behutsam auf. Und integriert sie gut ins Team, damit sie nicht irgendwann wieder nur Stichwortgeber sind und Kaffee bringen. Das ist meine Sorge.”
Für Schmidt bleibt der Umgang mit ihrer Figur ein Beispiel dafür, wie inhaltliche und wirtschaftliche Interessen oft auf Kosten von Vielfalt und Erfahrung gehen – auch wenn die Zahlen etwas anderes sagen: “Der ‘Tatort’ mit Ulrike hat weiterhin gute Quoten – und eigentlich ist das für die Macher das entscheidende Kriterium. Trotzdem hieß es irgendwann: Es muss sich etwas ändern.”
Trotz allem blickt die Schauspielerin nach vorn. Die Begeisterung für ihren Beruf hat sie nicht verloren – ganz im Gegenteil. “Ich hätte große Lust, eine richtig schräge Ermittlerin zu spielen – Stichwort: ‘Miss Marple’.”
Dass ihr dafür Angebote gemacht werden, wünscht sich Schmidt. Und dass das Publikum mehr Diversität nicht nur vor, sondern auch hinter der Kamera einfordert – besonders für Frauen, deren Geschichten nicht mit dem 50. Geburtstag enden. “Ab 50 aufwärts gibt es nur noch sehr wenige Rollen für Frauen. Diese Veränderung musste ich auch erleben. Plötzlich blieben die regelmäßigen Rollenangebote aus. Und wenn es dann doch mal welche gab, sollte ich die Großmutter spielen – oder Frauen, bei denen die Silberhochzeit ansteht”, so Schmidt.
Beständigkeit vs. frischer Wind: Bevorzugen Sie alteingesessene Kommissare oder sollen jüngere die Ermittlungen übernehmen? Schreiben Sie eine E-Mail an [email protected]. Bitte nutzen Sie den Betreff “Kommissare” und begründen Sie.