Der Bundestag hat in der vergangenen Woche seine Ausschüsse eingesetzt. In ihnen findet die eigentliche gesetzgeberische Arbeit des Parlaments statt. Sie beraten über Gesetzentwürfe, laden Sachverständige zu Anhörungen ein und erarbeiten Beschlussempfehlungen für das Plenum. Und sie kontrollieren die Arbeit der Regierung.
In der Regel bekommen die Ausschüsse Gesetzentwürfe nach der ersten Lesung im Plenum zur weiteren Beratung zugewiesen. Sie haben aber auch das Recht zur Selbstbefassung. Das heißt, dass sie Themen aus ihrem Bereich selbständig aufgreifen und sich von den Ministerien über Gesetzgebungsvorhaben informieren lassen können.
Wie viele Ausschüsse gibt es?
Im 21. Deutschen Bundestag gibt es 24 ständige Ausschüsse. Die Zahl kann von einer zur anderen Legislaturperiode variieren, nur vier davon sind vom Grundgesetz vorgeschrieben: der Auswärtige Ausschuss, der sich mit der Außen- und Sicherheitspolitik befasst; der Verteidigungsausschuss für Angelegenheiten der Bundeswehr; der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union, der unter anderem die EU-Gesetzgebung überwacht; und der Petitionsausschuss, der Eingaben der Bürger annimmt und Beschwerden über staatliches Handeln prüft.
In der Regel steht jedem Ministerium auch ein Ausschuss gegenüber. Unter der Regierung von Kanzler Friedrich Merz (CDU) gibt es 16 Ministerien. Einzelne Politikfelder, wie etwa der Tourismus, können durch eigene Ausschüsse betont werden. Die Fraktionen benennen entsprechend ihrem Kräfteverhältnis im Bundestag Mitglieder für die Ausschüsse, jeder Abgeordnete ist in der Regel ordentliches Mitglied in einem von ihnen.
Die Größe der Ausschüsse richtet sich nach dem erwarteten Arbeitsaufwand. Einer der größten Ausschüsse ist der Haushaltsausschuss. In dieser Legislatur hat er 42 Mitglieder. Er berät federführend über alle Haushaltsvorlagen und damit auch über den Entwurf des Bundeshaushalts, den die Bundesregierung vorlegt. Traditionell übernimmt die stärkste Oppositionsfraktion den Vorsitz des Haushaltsausschusses. In dieser Legislaturperiode ist das mit 152 Abgeordneten die AfD.

Neben den ständigen Ausschüssen kann der Bundestag auch weitere Gremien einsetzen: Unterausschüsse, die sich bestimmten Teilaspekten intensiver widmen, Enquetekommissionen oder Untersuchungsausschüsse.
Welche Aufgaben haben die Ausschussvorsitzenden?
Die Vorsitzenden der Ausschüsse vertreten diese zum einen nach außen, zum anderen berufen sie die Sitzungen ein, leiten sie und bestimmen die Tagesordnung. Um eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen den Ausschussmitgliedern zu ermöglichen, sind sie zur parteipolitischen Neutralität verpflichtet. Jeder Vorsitzende hat einen Stellvertreter.
Welche Fraktion bekommt den Vorsitz in welchem Ausschuss?
Bis zur 19. Wahlperiode – die Zeit der letzten Merkel-Koalition – kannte der Bundestag für die Vergabe der Ausschussvorsitze zwei Verfahren. Entweder einigten sich die Fraktionen im Ältestenrat, so wie es Paragraph 58 der Geschäftsordnung vorsieht, oder die Fraktionen einigten sich per „Zugriffsrecht“ entsprechend Paragraph 12 der Geschäftsordnung. Demnach hat die stärkste Fraktion den ersten Zugriff, dann ging es reihum entsprechend der Stärke, die Fraktionen konnten je nach ihren Präferenzen wählen, auf welchen Ausschuss sie „zugreifen“.
Diese Regeln und Verfahren sollten sicherstellen, dass alle Fraktionen entsprechend ihrer Stärke berücksichtigt werden und dass die Regierungsfraktionen nicht alle wichtigen Ämter unter sich aufteilen.
Zuletzt erfolgte die Verteilung nach Zugriffsrecht und dem entsprechenden mathematischen Verfahren. Als größte Fraktion bestimmt die CDU/CSU im 21. Deutschen Bundestag in acht Ausschüssen den Vorsitz: Auswärtiges, Verteidigung, Wirtschaft, Landwirtschaft, Digitales, Menschenrechte, Entwicklung, Tourismus. Die AfD als zweitstärkste Fraktion bekam den Vorsitz in sechs Ausschüssen zugesprochen: Haushalt, Finanzen, Innen, Recht, Arbeit/Soziales und Petitionsausschuss.
Auf die SPD entfielen die Ausschüsse für Bildung/Familie, Gesundheit, Forschung, Wahlprüfung/Geschäftsordnung und Sport/Ehrenamt, auf die Grünen die Ausschüsse für Verkehr, Europa und Kultur/Medien. Die Linke kann in den Ausschüssen für Wohnen und Umwelt/Klimaschutz bestimmen, wer sie leiten soll.
Allerdings müssen die Vorsitzenden von den Ausschussmitgliedern mehrheitlich gewählt werden, sie benötigen also auch Stimmen aus anderen Fraktionen. In der letzten Legislaturperiode waren dabei alle AfD-Kandidaten durchgefallen.
Worum geht es im Konflikt mit der AfD um die Ausschussvorsitze?
Die anderen Fraktionen haben schon lange klargemacht, dass sie die AfD-Kandidaten nicht unterstützen wollen – unter anderem mit dem Argument, dass sie an der Verfassungstreue der AfD zweifelten, oder auch mit Verweis auf einen Vorfall aus dem Jahr 2019. Damals war zum ersten Mal überhaupt ein Ausschussvorsitzender abgewählt worden, der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner wegen öffentlicher Eskapaden, auch in den sozialen Netzwerken. Brandner hatte den Vorsitz im Rechtsausschuss inne. Seine Parteifreunde Sebastian Münzenmaier und Peter Boehringer, die 2017 mit dem Einzug der AfD in den Bundestag ebenfalls Ausschussvorsitze übernahmen, führten diese bis zum Ende der Legislatur.
Schon in der vergangenen Wahlperiode war die AfD mit der Wahl von Ausschussvorsitzenden gescheitert. Die Partei fühlt sich durch dieses Vorgehen benachteiligt. Im vergangenen September zog die AfD-Fraktion deshalb vor das Bundesverfassungsgericht. Sie argumentierte, sie sehe sich in ihren Rechten auf Gleichbehandlung als Fraktion verletzt. Das Gericht wies dies zurück.
Sollte am Mittwoch in den sechs Ausschüssen, in denen der AfD der Vorsitz zusteht, das erwartete Szenario eintreten und sollten die AfD-Kandidaten durchfallen, übernimmt der dienstälteste Abgeordnete die Leitung der konstituierenden Sitzung. In der folgenden Sitzungswoche sollen dann die stellvertretenden Vorsitzenden der Ausschüsse gewählt werden – diese werden dann de facto jene Ausschüsse leiten, in denen der AfD-Kandidat für den Vorsitz durchgefallen ist.