Wir haben verlernt, zu streiten

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Mit seiner Einstellung zum Gendern und anderen konservativen Positionen löste Andreas Gabalier Kontroversen aus. Im t-online-Interview schlägt der Sänger nun andere Töne an.

“Der von Ihnen gewünschte Gesprächspartner ist zurzeit nicht verfügbar. Bitte versuchen Sie es später noch einmal”, ertönt es durch den Telefonhörer, als ich Andreas Gabalier zum vereinbarten Interview anrufe. Der österreichische Dialekt fällt sofort auf. Gabalier ist also ein Witzbold. Doch nicht alle können über ihn lachen.

In früheren Interviews äußerte sich der Sänger oft sehr konservativ, er gilt als traditionstreu, wenn nicht gar rückwärtsgewandt. Im t-online-Interview hingegen gibt sich Gabalier betont liberal. Leben und Leben lassen, scheint sein neues Motto zu lauten. Doch ganz aus seiner Haut kann er dann doch nicht. Der Schlagerstar verrät, inwiefern das Polarisieren auch Teil seines Geschäftsmodells ist, warum er sich oft missverstanden fühlt und wieso wir alle mehr streiten sollten.

t-online: Herr Gabalier, Lederhose, Sonnenbrille, breites Grinsen: Das sind Sie, der Volks-Rock’n’Roller aus Österreich. Haben Sie sich eigentlich jemals gedacht: Heute mache ich mal alles ganz anders?

Andreas Gabalier: Ich mache ja zum Beispiel für Weihnachtsshows schon mal eine Ausnahme, wenn etwa Carmen Nebel sich einen Anzug gewünscht hat. Ansonsten bleibe ich dabei. Die Lederhose gehört zu meinem Auftritt dazu und zieht sich wie ein roter Faden durch. Es ist, was es ist – eine Marke: der Volks-Rock’n’Roller.

Wie viel von dem Volks-Rock’n’Roller ist dann überhaupt noch Andreas Gabalier?

Ich habe nie in ein Kostüm schlüpfen müssen. Ich bin seit meiner Kindheit so groß geworden, mit vielen Festen, auf Hochzeiten, Geburtstagen, das fand alles immer in Tracht statt. Ich habe mich deswegen auch für die Bühne nie verkleidet gefühlt. Ich bin ich selbst und erzähle von und aus meinem Leben. Ich schmücke dabei natürlich vieles aus, manches ist mit einem Augenzwinkern gemeint. Aber ich muss mich in meinem musikalischen Dasein nicht verstellen.

In Lederhose auf der Bühne: So kennt man Andreas Gabalier.Vergrößern des Bildes
In Lederhose auf der Bühne: So kennt man Andreas Gabalier. (Quelle: Malte Christians)

Wie verletzend ist es dann, wenn Sie merken: Sie werden von vielen auch nicht gemocht?

Es ist ganz normal, dass mich nicht jeder mag. Das liegt auch an der Größe des Erfolgs. Wenn medial viel über mich berichtet wird, dann erreicht das auch Menschen, die sich eigentlich nicht mit mir beschäftigen wollen. Das ist für mich normales Zeitgeschehen. Es ist ja auch nicht jeder Fußballfan.

Es erfreut nicht jeden, wenn die Massen beginnen, herumzuprügeln und wir auf Steuerkosten Hundertschaften der Polizei brauchen. Da gibt es auch viele Kontroversen. Ich sehe das entspannt. Das ist ein Resultat des Erfolgs und der Massen, die man begeistert.

Gehört das Polarisieren zu ihrem Geschäftsmodell?

Wenn man mit seiner Marke begeistert, dann polarisiert man automatisch. Ich möchte den Leuten nicht egal sein, dann wären die Stadien nämlich auch leer. Dann würde ich auch diejenigen, denen ich eine große Freude bereite, mit meiner Musik nicht erreichen. Deswegen will ich auch gar nicht jedem gefallen. Ich begeistere seit 15 Jahren Millionen von Menschen. Am Ende ist Musik auch nur Unterhaltung. Jeder hat die Möglichkeit, dieses Konzert nicht zu besuchen, die Musik abzudrehen oder nicht zu kaufen. Ich bin ja kein Politiker, der neue Gesetze an den Tag bringt, an die sich jeder halten muss.

Die Thematik scheint Sie sehr zu beschäftigen.

Ich kann es manchmal gar nicht verstehen, wie meine Musik jemandem so sehr nicht gefallen kann. Man muss sich ja dann gar nicht damit beschäftigen. Eigentlich ist es voll easy. Ich drücke mich niemandem auf. Veganer müssen auch kein Fleisch essen und ich reg’ mich als Steakliebhaber auch nicht über Leute auf, die kein Fleisch essen.

Fleischesser, die sich über Veganer aufregen, gibt es aber ja durchaus.

Ja, aber warum? Es ist ein Gesellschaftsproblem der heutigen Zeit. Das ist ein Wohlstandsproblem. Solange wir keine größeren Sorgen haben, als uns über Musik, Veganismus oder Elektroautos aufzuregen …