Langfristig kann Adipositas zahlreiche gesundheitliche Probleme verursachen. Von Bedeutung ist dabei auch die Reaktion des Umfelds auf die Betroffenen.
Von Adipositas oder Fettleibigkeit sprechen Fachleute, wenn jemand aufgrund eines übermäßig hohen Körperfettanteils starkes und gesundheitlich riskantes Übergewicht hat. In Deutschland trifft dies auf fast 20 Prozent aller Erwachsenen zu – mit weitreichenden Folgen.
Adipositas bedeutet ein erhöhtes Risiko für zahlreiche Erkrankungen, die viele Organe und Körperfunktionen betreffen können. Wie hoch das Gesundheitsrisiko einzelner Betroffener ist, hängt unter anderem davon ab, seit wann diese wie viel Übergewicht haben.
Um abzuschätzen, ob eine Adipositas vorliegt und wie ernst sie ist, eignet sich der Body-Mass-Index (BMI). Dieser berechnet sich aus dem Körpergewicht und der Körpergröße und lässt indirekt Rückschlüsse auf die Körperfettmasse zu. (Unseren BMI-Rechner für Erwachsene finden Sie hier.) Ein BMI zwischen 25 und 29,9 gilt als Übergewicht, alles darüber als Adipositas. Deren Schweregrad erhöht sich mit steigendem BMI-Wert:
- Ein BMI von 30 bis 34,9 entspricht einer Adipositas Grad I.
- Ein BMI von 35 bis 39,9 entspricht einer Adipositas Grad II.
- Ein BMI ab 40 entspricht einer Adipositas Grad III.
Der BMI allein ist aber nicht entscheidend für die Gesundheitsrisiken einer Adipositas. Große Bedeutung hat auch die Verteilung des Körperfetts: Vermehrtes Bauchfett (Fachbegriff: viszerales Fett) gefährdet besonders Herz und Gefäße in hohem Maße. Erhöhte Vorsicht ist geboten, ab einem Taillenumfang von
- 88 Zentimetern bei Frauen und
- 102 Zentimetern bei Männern.
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass jede Adipositas negative Folgen für die Gesundheit haben kann. Oft auftretende körperliche Folgeerkrankungen sind:
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie etwa Bluthochdruck, die koronare Herzkrankheit (KHK), Schlaganfälle und Venenthrombosen
- Typ-2-Diabetes
- Fettstoffwechselstörung mit erhöhtem Triglyceridspiegel und ungünstigen Cholesterinwerten
- Atemstörungen wie bei Asthma, nächtlichen Atemaussetzern (Schlafapnoe) oder der Lungenkrankheit COPD
- Leber- und Gallenerkrankungen wie die Fettleber und das Gallensteinleiden
- Verschleiß (Arthrose) belasteter Gelenke (überwiegend Hüfte und Knie) und der Wirbelsäule
Überdies ist Adipositas ein bedeutsamer Risikofaktor für bestimmte Krebserkrankungen. Dazu zählen Darmkrebs, Brustkrebs und Prostatakrebs, die zu den häufigsten Formen von Krebs in Deutschland gehören. Zudem entwickeln Menschen mit starkem Übergewicht im Vergleich zu solchen mit Normalgewicht deutlich öfter bösartige Tumoren im Bereich von Bauchspeicheldrüse, Eierstöcken und Gebärmutter, Gallenblase, Gehirn, Knochenmark, Leber, Magen, Nieren, Schilddrüse und Speiseröhre.
Auch hormonelle Störungen können als Folge einer Adipositas entstehen. Bei Männern bedeutet dies erhöhte Werte für Östrogen (einem der weiblichen Geschlechtshormone) bei erniedrigten Werten für Testosteron (einem der männlichen Geschlechtshormone), was möglicherweise zu Potenzstörungen und Unfruchtbarkeit führt.
Frauen können infolge einer Adipositas ebenfalls unfruchtbar werden. Bei ihnen steckt in dem Fall ein erhöhter Testosteronspiegel dahinter. Dieser kann weitere Probleme mit sich bringen, wie etwa:
- einen männlichen Behaarungstyp (Hirsutismus)
- vermehrten Haarausfall
- verstärkte Talgbildung (Seborrhö)
- Akne
- ausbleibende Regelblutungen
- polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS)
- Schwangerschaftskomplikationen
Menschen mit Adipositas sind zudem anfälliger für Harnsteine, Harnwegsinfekte und Blasenschwäche. Obendrein sind bei ihnen allgemein Operationen und Narkosen mit einem erhöhten Komplikationsrisiko sowie Unfälle mit einem erhöhten Verletzungsrisiko verbunden.
Manche Menschen fühlen sich trotz starkem Übergewicht körperlich fit und wohl. Doch aus medizinischer Sicht ist eine Adipositas nie gesund: Solange sie (noch) keine gesundheitlichen Probleme verursacht, gilt sie als eine Art Vorstufe der Adipositas mit Folgeerkrankungen.
Wenn eine Adipositas die körperliche Beweglichkeit und Belastbarkeit verringert oder gesundheitliche Probleme verursacht, sinken das Wohlbefinden und die Lebensqualität. Hinzu kommt, dass manche Betroffene mit ihrem Körper unzufrieden sind. All dies wirkt sich negativ auf die Psyche aus – mitunter so sehr, dass psychische Störungen wie Depressionen oder Angststörungen auftreten.
Doch auch äußere Faktoren beeinflussen die psychische Gesundheit von Menschen mit Adipositas. Eine besondere Bedeutung hat dabei die gewichtsbezogene Herabwürdigung und Diskriminierung, die an unzähligen Stellen stattfindet – etwa in den Medien, im beruflichen oder privaten Umfeld und sogar im Gesundheitswesen.
Ein Grund hierfür ist die falsche, aber dennoch weitverbreitete Vorstellung, Adipositas sei bloß die Folge persönlichen Fehlverhaltens und ließe sich allein durch Kalorienreduzierung und mehr Bewegung eigenständig beheben. Das führt häufig zu kritischen Bemerkungen und ungebetenen Ratschlägen bis hin zu offenen Anfeindungen und Mobbing.
Zwar entsteht Adipositas durch ein Missverhältnis zwischen Energieaufnahme und Energieverbrauch. Doch die Betroffenen sind hierfür nicht allein verantwortlich: Es gibt eine Menge verschiedener Einflüsse, die zur Gewichtszunahme beitragen – darunter erbliche Veranlagung, psychische Faktoren, familiäre Prägung, hormonelle Störungen, Überangebot an ungesunden Lebensmitteln sowie bestimmte Medikamente (wie einige Antidepressiva, Insulin oder Kortison).
Auch in anderen Bereichen erleben Menschen mit Adipositas oft Ausgrenzung – etwa wenn die Ausstattung von öffentlichen Verkehrsmitteln, Fitnessstudios oder gar ärztlichen Praxen für sie ungeeignet ist. Oder wenn das Körpergewicht berufliche Nachteile bringt, weil sie bei der Jobvergabe oder Beförderung geringere Chancen haben als schlankere Personen.
Gewichtsbezogene Herabwürdigung erhöht den Leidensdruck und kann somit psychische Probleme verschlimmern. Sie ist aber nicht nur für die psychische Gesundheit von Menschen mit Adipositas von Bedeutung, sondern wirkt sich vielfach auch körperlich aus – unter anderem, weil die Betroffenen
- vermehrt unzufrieden mit dem eigenen Körper sind, was in sozialen Rückzug münden und so Bewegungsmangel steigern kann.
- zunehmend frustriert und dadurch weniger motiviert sind, ihr Verhalten zu ändern, oder womöglich sogar mehr essen als zuvor oder Essstörungen entwickeln.
- bei einer psychischen Störung mitunter Medikamente verschrieben bekommen, die eine Gewichtszunahme fördern.
- bisweilen keine ausreichende ärztliche Unterstützung bei der Adipositas-Therapie erhalten.
- in Erwartung (weiterer) gewichtsbezogener Herabwürdigungen Untersuchungen zur Früherkennung vermeiden.
Wer aufgrund seines Übergewichts verunglimpft und diskriminiert wird, hat ein erhöhtes Risiko, eine Adipositas zu entwickeln oder nicht mehr loszuwerden. Daher ist ein respektvoller Umgang miteinander schon aus rein gesundheitlicher Sicht mehr als wünschenswert.
Ohne angemessene Behandlung nehmen Menschen mit Adipositas gewöhnlich im Laufe der Zeit weiter zu, wodurch ihr Risiko für Folgeerkrankungen steigt. Umso wichtiger ist es, dass diejenigen, die Hilfe suchen, sie auch finden. Denn das starke Übergewicht lässt sich nur teilweise willentlich beeinflussen.