Ausgerechnet Zukunftsbranchen fehlen die Fachkräfte

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Steigende Kosten und der Mangel an Personal zwingen einer Studie zufolge immer mehr Firmen zur Aufgabe. Laut der Untersuchung durch die Bonitätsauskunft Creditreform und das Mannheimer Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW stieg die Zahl der Schließungen von Unternehmen im Jahr 2024 um 16 Prozent. Im ganzen Land haben demnach 196.100 Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit beendet. Das war mehr als im Jahr 2011, das als Spätfolge der Finanzkrise zahlreiche Betriebsschließungen verschmerzen musste. Das Statistische Bundesamt zählte zuletzt für das Jahr 2021 mehr als drei Millionen umsatzsteuerpflichtige Unternehmen in Deutschland.

Betriebsschließungen sind ein Warnsignal

Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter Wirtschaftsforschung bei Creditreform, sieht die steigenden Schließungszahlen als Alarmsignal für die deutsche Wirtschaft. Betroffen seien alle Branchen, auch wenn die gestiegenen Energiekosten Unternehmen mit hohem Energieverbrauch besonders stark treffe.

In energiehungrigen Bereichen schlossen gut 1000 Unternehmen, 26 Prozent mehr als im Vorjahr. In der Chemie- und Pharmaindustrie gaben 360 Unternehmen auf, so viele wie seit 20 Jahren nicht mehr. Die große Nachfrage nach Wohnraum konnte nicht verhindern, dass die Zahl der Schließungen von Unternehmen der Wohnungswirtschaft um 20 Prozent auf 9700 stieg. Selbst in der konjunkturresistenten Gesundheitsbranche stieg die Zahl der Unternehmensaufgaben um acht Prozent auf 10.800. Schließen mussten aber auch 13.800 technologieintensive Unternehmen aus der IT, Produktentwicklung, Umwelttechnik und Diagnostik, was einem Anstieg von 24 Prozent entspricht.

Eigentlich müsste der Technologiesektor als Zukunftsbranche wachsen, erläutert ZEW-Wissenschaftlerin Sandra Gottschalk. Doch herrsche ausgerechnet auf diesem Feld ein gravierender Mangel an Fachkräften. Technologieintensive Unternehmen müssten daher um knappe Ressourcen konkurrieren und könnten nicht genug Aufträge annehmen, um wirtschaftlich zu arbeiten.

Besorgniserregend ist, dass laut der Studie die Zahl der Schließungen von größeren und wirtschaftlich besonders aktiven Unternehmen nun schon das dritte Jahr in Folge gestiegen ist. Hantzsch warnt: „Viele Unternehmen verlagern ihre Produktion ins Ausland, schließen Standorte oder investieren gar nicht mehr in Deutschland.“ Die deutsche Wirtschaft verliere dadurch Substanz und an Wissen.

Unter kleineren Familienunternehmen hingegen ist die Zahl der Schließungen nur vergleichsweise moderat gestiegen. Laut der Studie müssen solche Firmen weniger aufgrund wirtschaftlicher Probleme schließen, sondern vorwiegend, weil die Inhaber keine Nachfolger finden. Immer mehr Eigentümer aus „Babyboomer“-Jahrgängen gehen in den Ruhestand, doch gibt es immer weniger Jüngere, die auf ihren Platz an der Unternehmensspitze nachrücken.