Ukrainischer Ex-Politiker in Madrid erschossen

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In Madrid ist laut Presseberichten ein ehemaliger Berater des nach Russland geflohenen früheren ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch erschossen worden. Nach Informationen der spanischen Zeitung „El País“, die sich auf die Polizei und den Rettungsdienst beruft, soll das Opfer der ukrainische Anwalt Andrij Portnow sein. Wie auch andere Medien meldeten, wurde der 52 Jahre alte Mann am Morgen vor der Amerikanischen Schule im Madrider Vorort Pozuelo de Alarcón von mehreren Schüssen in den Rücken und den Kopf tödlich getroffen. Schüler und Passanten seien nicht zu Schaden gekommen sein.

Es sollen mehrere Täter gewesen, die in ein Waldgebiet geflohen seien. „El País“ zitiert Polizeiquellen, die Schulden als mögliches Tatmotiv nennen. Laut dem Sender RTVE schließen Sicherheitskreise eine Abrechnung mit kriminellem Hintergrund nicht aus. Spanischen Medien zufolge erinnerte das Vorgehen der Täter an einen Vorfall im März 2018. Damals wurde ein Kolumbianer in Pozuelo de Alarcón erschossen, nachdem er seine Kinder an der British Council School abgesetzt hatte. Zwei Männer auf einem Motorrad näherten sich seinem Fahrzeug und feuerten mindestens zehn Schüsse auf ihn ab. Die Polizei vermutete einen Drogenhintergrund.

Parallelen zu früheren Fällen

Im Februar 2024 war im Süden Spaniens der russische Überläufer Maxim Kusminow erschossen worden, der zuvor mit einem Hubschrauber in die Ukraine geflohen war und dort geheime Informationen übergeben haben soll. In seinem Fall sahen spanische Ermittler gegenüber der „New York Times“ Parallelen zum Mord an einem Tschetschenen georgischer Staatsangehörigkeit in Berlin 2019, für den ein Agent des russischen Geheimdiensts FSB verurteilt worden war.

Zunächst gab es keine Hinweise darauf, dass bei der Tötung Andrij Portnows nun auch politische Gründe eine Rolle gespielt haben. Naheliegenderweise lägen sie auf ukrainischer Seite: In Russland hat es in den vergangenen Jahren eine Reihe von Tötungen russischer Militärs und Kriegsunterstützer sowie ukrainischer Überläufer gegeben, ukrainische Geheimdienste haben sich zu einem Teil davon bekannt. Andererseits wäre es für Kiew riskant, mit einer solchen Aktion in einem NATO-Mitgliedsland dessen Regierung gegen sich aufzubringen.

Portnow war einer der ranghöchsten Mitarbeiter des 2014 nach Russland geflohenen Präsidenten Viktor Janukowitsch; dieser war kürzlich in der Ukraine wegen Hochverrats in Abwesenheit zu 13 Jahren Haft verurteilt worden, weil er offenbar während der Bürgerproteste gegen ihn Russland um ein militärisches Eingreifen bat. Portnow, der von 2006 bis 2010 Abgeordneter im ukrainischen Parlament war, wirkte von 2010 bis 2014 als stellvertretender Leiter der Präsidialverwaltung. Nach dem Sturz Janukowitschs floh er aus der Ukraine und lebte in Russland, Österreich und schließlich in Spanien.

Wegen der Veruntreuung staatlicher Gelder und Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine stand er bis 2015 auf der Sanktionsliste der EU. Sein Vermögen war eingefroren und gegen ihn wurde ein Einreiseverbot in die EU verhängt. Portnow hatte erfolgreich dagegen geklagt. Im Jahr 2018 wurde in der Ukraine gegen ihn wegen des Vorwurfs des Hochverrats im Zusammenhang mit der russischen Annexion der Krim ermittelt. Das Verfahren wurde jedoch 2019 eingestellt. Zwei Jahre später verhängte das amerikanische Finanzministerium Sanktionen gegen Portnow. Ihm wurde unter anderem Bestechung der ukrainischen Justiz vorgeworfen.