Die Schuldenbremse als Sündenbock

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Seit unserer erfolgreichen Klage gegen den verfassungswidrigen Nachtragshaushalt 2021 steht die Schuldenbremse noch stärker im Fokus der öffentlichen Diskussion. SPD, Grüne und Linke sowie Teile der Wissenschaft und Gewerkschaften strapazieren das Narrativ, die Schuldenbremse sei schuld an der aktuellen Misere und Lage des Landes. Sie sei einfach zu starr, nicht flexibel genug, enge die Ausgabenspielräume zu sehr ein und sei vor allem ein Investitionshemmnis. Dabei hat sich die Schuldenbremse in den verschiedenen Krisen der Vergangenheit mit Corona-Pandemie und Ukrainekrieg bewährt.

Von den Schuldenbremsenkritikern werden die unsichtbaren Fesseln dramatisch ausgemalt. Dabei lassen sie gerne eines unter den Tisch fallen: Selbst mit Schuldenbremse können und werden weiter Schulden gemacht. Für die Haushalte 2024 und 2025 sind gut 100 Milliarden Euro neuer Schulden vorgesehen.

Zinsausgaben haben sich verzehnfacht

Und Schulden haben bekanntlich einen Preis. So sind die Zinsausgaben von 2021 bis 2024 um das Zehnfache auf fast 40 Milliarden Euro gestiegen! Was hätte man mit diesem Geld alles für die Bildung, Digitalisierung, Infrastruktur oder Sicherheit machen können. Von der steuerlichen Entlastung der Bürger erst gar nicht zu sprechen.

Hinzu kommen noch Schuldenlasten von mindestens 570 Milliarden Euro. Es sind Tilgungsverpflichtungen, die erstmalig von 2028 an anteilig unter anderem für Notlagenkredite und den Corona-Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“ geleistet werden müssen.

Peanuts kann man das nun wirklich nicht nennen. Warum dann trotzdem dieses politische Bashing? Weil der Weg über höhere Schulden für den Moment natürlich bequemer und geräuschloser ist, als die eigentlichen politischen Zielkonflikte aufzulösen. Die finanzpolitischen Möglichkeiten sollen über noch höhere Schulden an die finanzpolitischen Wünsche angepasst werden. So wird die Schuldenbremse zum Sündenbock für eine verfehlte Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik gemacht.

Die Schuldenbremse ist nicht verantwortlich für niedrige Investitionen

Man kann festhalten: Gebe es die Schuldenbremse nicht, gebe es die Ampelregierung noch. Gut, dass wir die Schuldenbremse haben, die Ampel aber nicht mehr! Die Schuldenbremse bekommt von linker Seite gerne den Stempel „Investitionsbremse“ aufgedrückt – eine Mär. Weder gibt es einen systematischen Zusammenhang zwischen der Schuldenbremse und staatlichen Investitionen, so die Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose, noch lässt sich empirisch belegen, dass die Schuldenbremse die Investitionen des Bundes verringert hat. Zu geringe Investitionen sind vielmehr die Folge der Ausweitung konsumtiver Ausgaben. Neben der Prioritätensetzung scheitern öffentliche Investitionen oft an fehlenden Bau- und Planungskapazitäten sowie langwierigen und komplizierten Genehmigungsprozessen und anschließenden Klagen.

Selbst wenn 100 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung stünden, kein Cent würde aktuell für zusätzliche Investitionen abgerufen. Dies zeigen auch die Erfahrungen im Bund. Seit Jahren bleiben zwischen sieben und zehn Milliarden Euro an Investitionsmitteln liegen. Ein Blick auf die Investitionen zeigt: Der Staat ist nur für etwa zehn Prozent der Investitionen verantwortlich. Der Rest entfällt auf den Privatsektor. Investitionen von etwa 780 Milliarden Euro im Jahr 2023 waren dem privaten Sektor zuzurechnen.

Es geht um Investitionen des privaten Sektors

Was folgt daraus? Auf der Suche nach zusätzlichen finanziellen Spielräumen muss primär der Blick auf eine Stärkung der Wachstumskräfte und nicht auf eine Schwächung der Schuldenbremse gelegt werden. Ganz im Sinne von John F. Kennedy: A rising tide lifts all boats. Geht es der Wirtschaft gut, geht es allen gut. Drei Jahre Ampelkoalition haben deutliche Spuren hinterlassen. Die aktuelle wirtschaftliche Lage ist desaströs. In Europa trägt Deutschland mittlerweile die rote Laterne, das Ergebnis einer amateurhaften Wirtschaftspolitik. Die Wirtschafts- und Vertrauenskrise ist immens.

Die Degrowth-Politik von Minister Habeck ist gescheitert. Damit gefährdet er die Balance im Sozialstaat. Wir benötigen eine wirtschaftspolitische Trendumkehr, eine Rückkehr zur Sozialen Marktwirtschaft. Die grün ideologisierte Industriepolitik mit interventionistischer Subventionspolitik gehört eingemottet. Wachstum und Wettbewerb fördern, Belastungen und Bürokratie einstellen, Entlastungen bei den Steuern und den Energiekosten gewährleisten, Flexibilisierung der Arbeitszeiten und Anreize für Mehrarbeit und Produktivität sind ein besseres und nachhaltigeres Rezept als die bequeme Lockerung der Schuldenbremse auf dem Rücken der jungen Generation.

Das deutsche Unternehmensteuerrecht muss modernisiert und der Körperschaftsteuersatz sukzessive reduziert werden. Günstige Abschreibungsbedingungen für die gesamte Wirtschaft sind selektiven Subventionen vorzuziehen. Flankiert durch verbesserte steuerliche Rahmenbedingungen und die Beseitigung von Hemmnissen für Investitionen in die Infrastruktur könnte endlich wieder wirtschaftliche Dynamik entstehen. Mehr Wachstum bedeutet mehr Steuereinnahmen bedeuten mehr Investitionen.

Wachstum entsteht nur in einem stabilen und verlässlichen Umfeld mit Rahmenbedingungen, die Vertrauen in die Zukunft erzeugen. Ohne solide Finanzen ist dies jedoch nicht zu erreichen. Dafür braucht es die Schuldenbremse.

Christian Haase (CDU) ist haushaltspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im

Julia Klöckner (CDU) ist wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag.