Manchester United und Tottenham – Chance und Gefahr

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Die Enttäuschungen der vergangenen Jahre und die blamable aktuelle Ligasaison machen wiederum den gemeinsamen Einzug von United und Tottenham ins diesjährige Finale der Europa League überaus bemerkenswert. Fakt ist dabei: International zeigten beide in diesem Jahr ein anderes Gesicht. United hat in der Europa League keine einzige Partie verloren, Tottenham von den 14 absolvierten lediglich zwei. Eine starke Statistik für beide Teams.

Dass vor allem in Manchester grundsätzlich wieder etwas entstehen kann, zeigte die Mannschaft vor allem im Viertelfinale des Wettbewerbs. Gegen Lyon schien das Aus beim Stand von 2:4 in der Verlängerung schon besiegelt. Dann gelangen United in irrwitzigen acht Minuten drei Tore.

Trainer Rúben Amorim, der erst im Laufe der Saison Erik ten Hag an der Seitenlinie ersetzt hatte, erklärte damals nach dem Spiel: “Solche Momente können den Spielern in einer Saison wie dieser sehr helfen.” Und weiter: “Sie können eine Verbindung zwischen den Fans und den Spielern schaffen, und wir können für ein paar Minuten vergessen, was für eine Saison wir gerade hinter uns haben.”

Der 40-Jährige machte damit deutlich, wie wichtig die Europa League für United in diesem Jahr ist – und welchen Effekt ein Gewinn des Wettbewerbs auf die Zukunft des Klubs haben könnte. United würde damit nämlich für einen versöhnlichen Ausklang nach einer für den Verein eigentlich indiskutablen Runde sorgen. Amorim dürfte sich mit dem Titel zusätzlich wohl einiges an Kredit bei Verantwortlichen und Fans erarbeiten. Ein Sieg gegen Tottenham könnte ihm also die nötige Zeit verschaffen, eine Mannschaft nachhaltig nach seinen Vorstellungen zu formen und Manchester United auch langfristig wieder in die Erfolgsspur zu führen. Eine Niederlage würde jedoch all das torpedieren.

Bei Tottenham ist die Situation zumindest im Ansatz vergleichbar, wobei Trainer Ange Postecoglou auf der Kippe stehen soll – ob er die Europa League am Ende gewinnt oder nicht. Auf der Pressekonferenz am Dienstag betonte der schwer in der Kritik stehende Australier aber, es gebe nun “die Möglichkeit, zumindest die Hauptaufgabe zu erfüllen, die mir gegeben wurde, nämlich Trophäen in den Klub zu bringen.”

Gelingt dieses Vorhaben, würde Postecoglou sich wohl trotz der Katastrophensaison seiner Mannschaft bei zahlreichen Tottenham-Fans zumindest einen gewissen Legendenstatus erarbeiten – als der Trainer, der den Titelfluch des Klubs endlich brechen konnte.

Verliert das Team aber das Finale gegen Manchester United, geht die Amtszeit des 59-Jährigen wohl als eines der dunkelsten Kapitel in die Geschichte des Vereins ein – und Tottenham stünde endgültig vor einem wohl schwer auszukehrenden Scherbenhaufen.