In den von Amerika losgetretenen Handelskonflikt, der schwer auf der Weltwirtschaft lastet, kommt offenkundig Bewegung. Auf dem Treffen der G-7-Finanzminister im kanadischen Banff machte sich unter den Beteiligten im Laufe der Beratungen vorsichtige Zuversicht breit. Noch vor vier Wochen hatte bei ganz ähnlicher Gelegenheit große Skepsis vorgeherrscht. Grund für den Stimmungswechsel war offenkundig der gewandelte Auftritt von Scott Bessent. Auf der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds war der amerikanische Finanzminister als sehr verschlossen erlebt worden.
Nun berichtete Lars Klingbeil von einem gänzlich anderen Auftritt. „Ich muss sagen, dass ich den amerikanischen Kollegen als sehr konstruktiv und lösungsorientiert wahrgenommen habe“, sagte der Bundesfinanzminister. In den vergangenen Wochen sei nicht immer klar gewesen, ob die Amerikaner zu einer Lösung kommen wollten. „Und ich habe die positiven Signale wahrgenommen und glaube, daran können wir ansetzen.“
Amerikas Präsident Donald Trump hatte Anfang April eine ganze Serie an Zollerhöhungen angekündigt. Weil das erhebliche Verwerfungen an den Märkten ausgelöst hatte, setzte er kurz danach die meisten Belastungen für drei Monate aus. Die Zeit sollte nach allgemeiner Einschätzung genutzt werden, um Regelungen zu finden, die den internationalen Handel möglichst wenig belasten – und damit die Erholung der Weltwirtschaft.
Nagel: Wir waren nicht weit weg von der Kernschmelze an den Finanzmärkten
„Hohe Zölle und die damit verbundene Gefahr von Handelskriegen sind eine Bedrohung für unseren Wohlstand. Sie machen alle ärmer“, sagte Bundesbankpräsident Joachim Nagel der F.A.Z. Nach seinen Worten gibt es dann keine Gewinner, nur Verlierer. Später berichtete der Bundesbankpräsident in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Klingbeil, was es bedeutet, wenn es Zweifel gibt am Reservestatus der US-Staatspapiere, wie es Anfang April zu beobachten gewesen war. „Wir hatten erhebliche Turbulenzen, manchmal hatte ich an bestimmten Tagen das Gefühl: Wir sind nicht weit weg von der Kernschmelze an den Finanzmärkten.“ Deswegen sei es wichtig gewesen, dass es jetzt wieder eine stabile Situation gebe, dass sich die Märkte erholt hätten. „Ich denke, es war ein Fingerzeig, wie wichtig es ist, das im Blick zu haben.“ Die Botschaft sei im April so stark gewesen, dass dies nun bei allen Beteiligten angekommen sei.
Keine Sechserfront gegen Amerika
Neben Gastgeber Kanada gehören zur Siebenergruppe Deutschland, die Vereinigten Staaten, Frankreich, Großbritannien, Italien und Japan. Auch wenn die Vertreter aus den übrigen sechs Industrieländern in ihrer Einschätzung einig sind, dass die von Trump losgetretenen Handelskonflikte eine ernste Gefahr für den Welthandel und damit die globalen Wachstumsaussichten sind, gab es in den Rocky Mountains das erkennbare Bemühen, eine Frontstellung nach dem Motto sechs gegen einen zu verhindern. Bundesfinanzminister Klingbeil hatte nach seiner Ankunft in Kanada sich schon so positioniert, indem er formulierte, die Hand Deutschlands bleibe in Richtung der Amerikaner ausgestreckt. Es ist die erste große Reise des SPD-Vorsitzenden in dem Amt, das er vor gut zwei Wochen angetreten hat.
Da Amerikas Präsident dezidiert davon spricht, über die Belastungen der Importe ans Ausland verlorene Industrien zurück in sein Land zu holen, ist die große Frage, inwieweit Amerika tatsächlich gewillt sein wird, an einer Entschärfung seiner brisanten Zollpläne mitzuwirken. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ist aber wie Klingbeil vorsichtig optimistisch, dass die Vereinigten Staaten im Zollkonflikt rechtzeitig beidrehen werden.
Merz hat klares Ziel für Trump-Besuch
„Es gibt erkennbare Anzeichen dafür, dass die amerikanische Regierung bereit sein könnte, mit uns eine Verabredung zu treffen, dass wir runterkommen von den hohen Zöllen“, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch in Berlin. Relativierend meinte er aber auch, es sei noch einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten. Der Bundeskanzler kündigte an, den amerikanischen Präsidenten in Kürze zu besuchen. Dann werde er versuchen, ihn zu überzeugen, „dass es in unserem gegenseitigen Interesse liegt, dass wir hier nicht in einen Zollkonflikt hineingelangen“.
Normalerweise verabschieden die G-7-Länder zum Abschluss ihrer Beratungen ein Kommuniqué. Ob es in Banff gelingen würde, galt zunächst als fraglich. Neben dem schwelenden Handelskonflikt lag das an den unterschiedlichen Einschätzungen zu dem von Russland ausgelösten Krieg in der Ukraine. Trump hat anders als die europäischen Präsidenten und Regierungschefs aus der G 7 viel Nachsicht mit dem russischen Machthaber Wladimir Putin gezeigt. Doch auch hier soll schon am ersten Tag in den Verhandlungen zu dem Dokument zu Bewegung gekommen sein. Das zweitägige Treffen endet an diesem Donnerstag.