Eine Riesenzellarteriitis kann ernste Folgen haben, selten lebensgefährliche. Wir erklären, wie sich die Krankheit auf die Lebenserwartung auswirkt.
Die Riesenzellarteriitis ist eine Gefäßerkrankung, die hauptsächlich bei Menschen um die 70 vorkommt. Bei den Betroffenen entzünden sich die mittelgroßen bis großen Schlagadern des Körpers – am häufigsten die Äste der Halsschlagader, die die Schläfenregion, den Hinterkopf und die Augen mit Blut versorgen.
Die entzündeten Gefäße verengen sich und werden schlechter durchblutet. Das verursacht verschiedene Beschwerden. Typisch sind vor allem starke Kopfschmerzen im Schläfenbereich, Schmerzen beim Kauen und/oder Sehstörungen. Zudem drohen unter Umständen ernste Komplikationen – teilweise auch solche, die tödlich enden können.
Dennoch hat sich in Untersuchungen gezeigt, dass Menschen mit einer Riesenzellarteriitis im Vergleich zu gleichaltrigen Personen ohne die Erkrankung insgesamt keine verkürzte Lebenserwartung haben.
Dafür gibt es in erster Linie zwei Erklärungen. Zum einen treten lebensbedrohliche Komplikationen wie erwähnt selten auf, betreffen also nur einen geringen Teil der Erkrankten. Der Großteil bleibt davon verschont, oder die Komplikationen werden rechtzeitig erkannt und unter Kontrolle gebracht.
Zum anderen zeigen sich gefährliche Folgeerkrankungen häufig erst Jahre nach der Diagnose. Da die Riesenzellarteriitis fast ausschließlich bei älteren Menschen auftritt, wirken sich solche Spätkomplikationen auf die statistische Lebenserwartung meist nur geringfügig aus.
Die Riesenzellarteriitis gilt vor allem wegen einer nicht-tödlichen Folge als medizinischer Notfall: Sie kann zur Erblindung führen, sofern sie nicht rechtzeitig mit Kortison (einem entzündungshemmenden Mittel) behandelt wird.
Die Kortisonbehandlung schützt allerdings nicht vor allen Erkrankungen, die eine Riesenzellarteriitis nach sich ziehen kann. Bestimmte Komplikationen können sich auch trotz konsequenter Therapie entwickeln und – in seltenen Fällen – tödlich enden.
Daher stirbt ein Teil der Erkrankten früher, als es ohne die Erkrankung der Fall gewesen wäre – auch wenn die Riesenzellarteriitis die Lebenserwartung statistisch gesehen nicht generell verkürzt.
Zu den möglicherweise lebensbedrohlichen Komplikationen der Riesenzellarteriitis gehören beispielsweise:
- krankhafte Erweiterungen (Aneurysmen) bis hin zu Rissen (Dissektionen) der Hauptschlagader (Aorta)
- Infektionen
- Schlaganfälle und Herzinfarkte.
Aneurysmen und/oder Risse der Aorta können auftreten, wenn diese sich im Rahmen der Erkrankung entzündet. Das passiert nicht immer: Bei etwa der Hälfte der Menschen, bei denen bereits eine Riesenzellarteriitis festgestellt wurde, weitet sich diese in den fünf Jahren nach der Diagnose auf die Aorta aus. Die Entzündung kann die Gefäßwand der Aorta dauerhaft schwächen. Das führt – wiederum nur bei einem Teil der Betroffenen – dazu, dass die Gefäßwand ausleiert, wodurch krankhafte Erweiterungen in ihr entstehen können. Schlimmstenfalls reißt die Aorta ein. Ohne rechtzeitige Behandlung kann es dann zu lebensbedrohlichen Blutungen oder Schlaganfällen kommen.
Das Risiko für Infektionen ist insbesondere im ersten Jahr nach der Diagnosestellung erhöht. Wahrscheinlich hat das mit der Kortisontherapie zu tun. Die Behandlung hilft zwar gegen die unmittelbaren (und teils schwerwiegenden) Auswirkungen der Riesenzellarteriitis und ist somit unbedingt notwendig. Kortison unterdrückt aber zugleich das Abwehrsystem. Vor allem in hoher Dosierung macht es daher anfälliger für Infekte.
Dass Menschen mit einer Riesenzellarteriitis ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte haben, hängt wohl mit verschiedenen Faktoren zusammen. Eine Rolle spielt nicht nur die durch die Erkrankung bedingte Schädigung der Blutgefäße. Viele Betroffene haben zugleich Begleiterkrankungen wie Diabetes, die ihrerseits Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen.
Gut zu wissen: Lebensgefährliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen gelten als äußerst seltene Komplikationen der Riesenzellarteriitis. An Schlaganfällen erkranken nur etwa zwei bis drei von hundert Menschen mit Riesenzellarteriitis, und zwar typischerweise innerhalb des ersten Monats nach der Diagnosestellung.
Die Lebenserwartung bei Riesenzellarteriitis ist in den meisten Fällen nicht verkürzt – wenn die Erkrankung frühzeitig erkannt, konsequent behandelt und engmaschig überwacht wird. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist, dass Betroffene die ärztlichen Anweisungen befolgen und regelmäßig Kontrolluntersuchungen wahrnehmen.
Unter anderem kann dabei die Hauptschlagader (Aorta) mit bildgebenden Verfahren wie einer CT- oder MRT-Untersuchung überprüft werden. So lassen sich mögliche Spätfolgen der Erkrankung – zum Beispiel Erweiterungen (Aneurysmen) oder Risse der Aorta – frühzeitig erkennen und rechtzeitig behandeln. Besonders wichtig ist das bei Menschen, deren Aorta bereits von der Entzündung betroffen ist. In solchen Fällen empfehlen Fachleute, die Aorta mindestens einmal im Jahr kontrollieren zu lassen.
Darüber hinaus kann die Ärztin oder der Arzt noch weitere Maßnahmen verordnen oder empfehlen, die zum Schutz vor lebensbedrohlichen Komplikationen beitragen können. Dazu zählt etwa der Schutz vor Infektionen durch Impfungen gegen Influenza, Pneumokokken und Covid-19. Auch ist es wichtig, Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes oder Fettstoffwechselstörungen regelmäßig kontrollieren und angemessen behandeln zu lassen. Weiterhin ist ein gesunder Lebensstil mit ausreichend Bewegung, ausgewogener Ernährung und Rauchverzicht grundsätzlich ratsam, um das Herz-Kreislauf-System gesund zu halten.