Die neue Bundesregierung ist gerade einmal zwei Wochen im Amt, da beginnt bei der Deutschen Bahn das große Stühlerücken. Der als Riedbahn-Sanierer bekannt gewordene Projektmanager Gerd-Dietrich Bolte soll in der Tochtergesellschaft DB InfraGo zum Vorstand aufrücken und die ehemalige Politikerin der österreichischen Grünen, Ingrid Felipe, im Ressort Infrastrukturplanung und -projekte ersetzen. Das geht aus Unterlagen für den Aufsichtsrat hervor, die die F.A.Z. einsehen konnte. Demnach soll der Wechsel schon zum 30. Juni stattfinden.
Die Neuaufstellung der Bahn inklusive des Managements gehört zu den größten Herausforderungen des neuen Bundesverkehrsministers Patrick Schnieder (CDU). Schon der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung hat sie klar umrissen: Sowohl der Aufsichtsrat als auch der Vorstand des DB-Konzerns und der InfraGo sollen neu aufgestellt werden, heißt es darin. Ziel sei es, mehr Fachkompetenz in den Führungsgremien abzubilden und die Strukturen zu verschlanken.
Der neu geschaffenen gemeinwohlorientierten Infrastrukturgesellschaft kommt in dem Konzern eine Schlüsselrolle zu. Sie verantwortet die umfangreich Generalsanierung, unter deren Dach mindestens in den kommenden fünf Jahren rund 40 Hochleistungskorridore grunderneuert werden.
Bahnchef Lutz im Fokus
Seit der Veröffentlichung der ungewöhnlichen Klausel im Koalitionsvertrag wird schon rege über mögliche Chefwechsel spekuliert, besonders Bahnchef Richard Lutz ist in den Fokus der Diskussion geraten. Die Nervosität im Konzern ist enorm, allerdings hat Schnieder noch nicht erkennen lassen, dass er einen raschen Wechsel an der Konzernspitze will. Im Gegenteil: Erst wolle er eine Strategie erarbeiten, wie der Konzern in fünf bis zehn Jahren aussehen soll, sagte er im Gespräch mit der F.A.Z. Der Wechsel an der Konzernspitze dürfte ohnehin nicht leicht werden: Das Amt ist hochpolitisch, auch Kanzler Friedrich Merz dürfte sich in die Entscheidung mit einbringen. Für diese Position kommen nur wenige infrage.
Zudem gilt es, nach dem Regierungswechsel die Kontrollgremien neu zu besetzen. Das ist nach einem Regierungswechsel ohnehin der Fall, schließlich entsendet die Bundesregierung als Eigentümer mehrere Vertreter in den Aufsichtsrat des Konzerns. Allerdings wurde in der Vergangenheit diese politische Ausrichtung schon häufig kritisiert. Sinnvoller sei es, mehr auch auf fachliche Kompetenz zu achten.
Nun macht die DB InfraGo unter dem Chef Philipp Nagl den Anfang. Die ehemalige österreichische Politikerin Ingrid Felipe gehört zu den ersten, die ihren Hut nehmen sollen. Ihr Vertrag soll vorzeitig am 30. Juni entwenden, dafür soll Bolte übernehmen. Der bisherige Leiter „Infrastrukturprojekt Region Mitte“ war eine zentrale Figur in der fünfmonatigen Sanierung der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim im vergangenen Jahr, die als erfolgreicher Auftakt einer ganzen Serie gilt. In den Unterlagen wird seine „ausgeprägte Gewinnermentalität, sein unternehmerisches Denken und seine leidenschaftliche Identifikation mit der Deutschen Bahn“ gepriesen.
Außerdem soll der Vorstand für Personenbahnhöfe, Ralf Thieme, im Januar nächsten Jahres den bisherigen Personalvorstand Heinz Siegmund ablösen. Die Bahnmanagerin Meike Niedbal, seit 2009 mit einer kurzen Unterbrechung im Konzern, soll wiederum Thiemes Position erhalten. Sie wird sich künftig um die Personenbahnhöfe kümmern und verfügt, wie es in den Aufsichtsratsunterlagen heißt, über „umfangreiche Erfahrungen in konzernübergreifenden Projekten“ der Deutschen Bahn und der früheren Tochtergesellschaft Station & Service, die im vergangenen Jahr mit DB Netz zur DB InfraGo verschmolzen ist. Sowohl im DB-Konzern als auch darüber hinaus sei sie politisch hervorragend vernetzt. Zwischen 2022 und 2023 machte sie einen kurzen Abstecher als Staatssekretärin in den Verkehrssenat.