Schlafstörungen, Unruhe, Allergien – gegen all das soll Promethazin helfen. Doch Daten zeigen: Der Wirkstoff kann lebensgefährliche Nebenwirkungen verursachen. Jetzt greift die EU durch.
Promethazin gilt als vielseitig einsetzbar. Der Wirkstoff kommt bei allergischen Reaktionen, Übelkeit und vor allem bei Schlafstörungen oder psychischer Unruhe zum Einsatz. Er wirkt beruhigend und gehört zur Gruppe der sogenannten H1-Antihistaminika der ersten Generation. Trotz dieser breiten Anwendung zeigen neue Bewertungen: Der Nutzen kann durch schwerwiegende Risiken deutlich überlagert werden.
Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) und ihre Koordinierungsgruppe CMDh haben auf aktuelle Sicherheitsberichte reagiert. Der Ausschuss für Risikobewertung in der Pharmakovigilanz (PRAC) bestätigt: Es gibt Hinweise auf gefährliche Nebenwirkungen – etwa das sogenannte maligne neuroleptische Syndrom. Diese seltene, aber lebensbedrohliche Reaktion kann zu Muskelsteifheit, hohem Fieber, Blutdruckschwankungen und Koma führen.
Darüber hinaus wurden bei Überdosierungen Fälle schwerer, teilweise tödlicher Herzrhythmusstörungen beobachtet. Weitere Risiken betreffen das Blutbild – eine Thrombozytopenie (zu wenig Blutplättchen) kann auftreten und gefährliche Blutungen begünstigen.
Auf europäischer Ebene wurde beschlossen, die Produktinformationen von Promethazin-haltigen Arzneimitteln deutlich zu verschärfen. Das betrifft sowohl Fachinformationen für Ärzte als auch Packungsbeilagen für Patienten. Vor allem bei systemischer Anwendung – also in Form von Tabletten, Tropfen oder Infusionen – sollen Patienten besser über die Gefahren informiert werden.
Zudem betont das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): Ohne die überarbeiteten Warnhinweise könne kein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis mehr angenommen werden. Diese Maßnahme ist vergleichbar mit den bereits im Vorjahr verschärften Auflagen für Paracetamol (mehr dazu lesen Sie hier).
Besondere Vorsicht gilt bei Menschen mit bestehenden Herzproblemen oder unregelmäßigem Herzschlag. Auch bestimmte Medikamentenkombinationen erhöhen das Risiko für Nebenwirkungen. Wer zusätzlich Neuroleptika, einige Antibiotika (zum Beispiel Moxifloxacin), Methadon oder Psychopharmaka wie Citalopram einnimmt, ist besonders gefährdet. Diese Wirkstoffe verlängern das sogenannte QT-Intervall im Herz-EKG – eine kritische Veränderung, die gefährliche Rhythmusstörungen begünstigt.
Promethazin bleibt auf dem Markt – aber unter strengen Auflagen. Betroffene sollten vor der Einnahme unbedingt mit ihrem Arzt sprechen. Vor allem bei bestehenden Herzerkrankungen oder der Einnahme weiterer Medikamente sollte die Anwendung gut überlegt sein.
Auch wenn die Risiken schwer wiegen: In vielen Fällen lässt sich Promethazin sicher einsetzen – vorausgesetzt, alle Hinweise werden beachtet und die Einnahme ärztlich begleitet. Wer Symptome wie Muskelsteifheit oder plötzliche Herzbeschwerden bemerkt, sollte sofort ärztliche Hilfe suchen.