Deutsche Chemie erhält vermehrt Bewerbungen aus den USA

5

Die deutsche Chemie zieht erste amerikanische Wissenschaftler und Manager an, die dem neuen politischen Klima in der Heimat entgehen wollen. Das jedenfalls berichtet einer der führenden Personalvorstände der drittgrößten hiesigen Industrie: Thomas Wessel, der das Ressort bei Evonik führt und im Branchenverband VCI den Forschungs- und Bildungsausschuss sowie den Landesverband Nordrhein-Westfalen leitet.

„Tatsächlich erlebe ich, dass mein E-Mail-Account – und wahrscheinlich auch das von vielen meiner Personalvorstands-Kolleginnen und -Kollegen in anderen Unternehmen – mit vielen, wirklich auch sehr positiven, werthaltigen, kompetenten Bewerbungen gefüllt wird aus den USA.“ Dortige Wissenschaftler und auch Unternehmensvertreter sähen die Perspektiven in den USA mit Blick auf Forschung und Entwicklung (FuE) und auch Diversität sehr kritisch: „Das führt tatsächlich dazu, dass viele junge Menschen ihre Bewerbungen in Richtung Europa und auch Richtung Deutschland richten.“

Vereinigte Staaten weitaus führend in der Forschung

Wessel äußerte sich auf einer Pressekonferenz zur Forschung im VCI. Die USA gelten als weitaus führend: Statista beziffert die Ausgaben der Chemie- und Pharmaindustrie dort mit 118 Milliarden Euro im Jahr 2023. China belegte demnach Platz zwei mit 29,1 Milliarden, Deutschland Platz vier mit 11,2 Milliarden Euro.

Nach VCI-Rechnung erreichten die Aufwendungen im vergangenen Jahr 16,5 Milliarden Euro, nach 16,1 Milliarden im Jahr davor. Sie sind demnach in den vergangenen zehn Jahren stetig gestiegen, abgesehen von einer Delle im Corona-Jahr 2020. In den Wert fließen Ausgaben heimischer Konzerne und der Landesgesellschaften ausländischer Unternehmen in Deutschland ein. Mehr als 60 Prozent stammen aus dem Bereich Pharma.

Aus Deutschland kamen laut VCI 2022 gut sieben Prozent der Chemie- und Pharma-Patentanmeldungen. Damit ist die größte EU-Volkswirtschaft in zehn Jahren von Platz drei (hinter den USA und Japan) auf Platz fünf zurückgefallen. Dazwischengeschoben haben sich China und Südkorea.