Netanjahus Affront gegen die Judikative

9

Selbst Israels Armeechef war offenkundig verstimmt. Generalstabschef Eyal Zamir habe sich am Freitagmorgen mit David Zini getroffen, hieß es in einer kurzen Mitteilung des Militärs. Er habe Zini, der neuer Inlandsgeheimdienstchef werden soll, für den langjährigen Dienst in der Armee gedankt. Die Mitteilung schließt mit den Worten, der Generalstabschef bekräftige, dass „jegliche Gespräche“ von Soldaten mit der politischen Führung vom Generalstabschef genehmigt werden müssten. Zamir sei wütend gewesen, dass die Nominierung hinter seinem Rücken abgelaufen sei, berichtete der Radiosender „Kan“. Die Armee verneinte Berichte, wonach Zamir Zini gefeuert habe – man habe einvernehmlich entschieden, dass er in den nächsten Tagen aus dem Armeedienst ausscheiden werde.

Dass David Zini Leiter des Schin Bet werden soll, war nicht nur für den Generalstabschef unerwartet gekommen. Politiker aller Lager reagierten überrascht auf die Ankündigung, die Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Donnerstagabend gemacht hatte. Zini leitet derzeit das Ausbildungskommando der Armee und das Generalstabskorps. Der Name des 51 Jahre alten Generalmajors war im Januar zirkuliert, als es um Kandidaten für den Posten des neuen Armeechefs ging. Für ihn soll sich Netanjahus Frau Sara eingesetzt haben, der großer Einfluss auf ihren Mann nachgesagt wird. Die Zeitung „Haaretz“ berichtete damals, Netanjahu habe im vergangenen Jahr über den religiös-zionistischen Zini gesagt, er sei „zu messianisch“. Laut „Kan“ soll er den Generalmajor nun vor zwei Wochen angesprochen haben.

Mehrere Tausend protestierten gegen den Schritt

Aus den Reihen der Regierungskoalition kam Lob für Netanjahus Wahl. Deren Bedeutung geht allerdings weit über eine Personalentscheidung hinaus – vor allem, wenn man auf den Zeitpunkt der Verkündung blickt. Der derzeitige Schin-Bet-Chef, Ronen Bar, hatte seinen Rücktritt für Mitte Juni angekündigt, nachdem es ein schweres Zerwürfnis zwischen ihm und der Regierung gegeben hatte. Daraus entwickelte sich ein rechtliches Ringen: Gegen die Entlassung Bars im März wurden mehrere Petitionen eingelegt, und das Oberste Gericht hob die Entscheidung der Regierung vorläufig auf. Im April schien die Angelegenheit beigelegt, als Bar von sich aus seinen Rücktritt ankündigte.

Allerdings erfüllte die Hoffnung der Regierung, dass damit auch die Petitionen hinfällig geworden seien, sich nicht. Am Mittwoch entschieden drei Richter am Obersten Gericht, der Entlassungsprozess sei fehlerbehaftet und widerrechtlich gewesen. Unter anderem habe aufseiten Netanjahus ein Interessenskonflikt bestanden, weil der Schin Bet unter Bars Leitung gegen Vertraute von ihm ermittelte. Netanjahu reagierte erbost – insbesondere über eine Anordnung, die Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara nach der Gerichtsentscheidung traf. Sie schrieb ihm, er dürfe keinen Nachfolger ernennen, bis eine korrekte rechtliche Prozedur ausgearbeitet sei.

Mit Blick darauf ist Netanjahus Ankündigung nicht zuletzt ein offener Affront gegenüber der Judikative. Vertreter der Opposition kritisierten die Entscheidung daher, mehrere tausend Demonstranten gingen auf die Straße. Eine zivilgesellschaftliche Organisation kündigte an, eine Petition gegen die Nominierung einzulegen.