Der Generalsekretär des Europarats, der Schweizer Sozialdemokrat Alain Berset, hat die Kritik von neun EU-Ländern an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Abschiebefällen zurückgewiesen. In Gesellschaften, die auf dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit fußten, dürfe die Justiz keinem politischen Druck ausgesetzt sein, erklärte der ehemalige Schweizer Bundespräsident.
„Institutionen, die Grundrechte beschützen, können sich nicht politischen Zyklen beugen.“ Der Gerichtshof dürfe nicht zur Waffe gemacht werden – weder gegen Regierungen noch von ihnen.
Berset: Befugnisse sollte nicht untergraben werden
Neun EU-Länder hatten am Donnerstag mehr Freiräume bei der Abschiebung straffällig gewordener Ausländer gefordert. Sie kritisierten in einer gemeinsamen Erklärung, dass die Interpretation der Europäischen Menschenrechtskonvention (EKMR) in manchen Fällen zum Schutz der falschen Personen geführt habe. Der Brief entstand auf Initiative Dänemarks und Italiens, unterzeichnet haben ihn zudem Österreich, Belgien, Tschechien, Estland, Lettland, Litauen und Polen.
Berset warnte in seiner Reaktion auch, der EGMR sei das einzige internationale Gericht, das über Menschenrechtsverletzungen im Kontext des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine urteile. „Dies sollte nie untergraben werden.“ Der EGMR mit Sitz im französischen Straßburg gehört zum Europarat und ist unabhängig von der Europäischen Union.