Wadephul zu heiklem Antrittsbesuch in Washington

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Außenminister Johann Wadephul ist in der Nacht zu Mittwoch zu seinem Antrittsbesuch in Washington eingetroffen und hofft, die Beziehungen zu den USA zu stabilisieren. Allerdings hat Wadephul mehrere Themen auf dem Zettel, die das gegenseitige Verhältnis belasten: von der Unterstützung der Ukraine bis zum Zollstreit.

Am frühen Abend deutscher Zeit trifft Wadephul den amerikanischen Außenminister Marco Rubio zu einem Gespräch im erweiterten Kreis im State Department. Angesetzt sind dafür nur eine gute halbe Stunde. Kanzler Merz muss noch auf seinen Antrittsbesuch bei Präsident Trump warten. Spekuliert wird, dass es Anfang Juni so weit sein könnte. Mitte Juni ist bereits der G-7-Gipfel in Kanada, kurz darauf der NATO-Gipfel in Den Haag.

Wadephul sagte vor dem Abflug nach Washington, Russlands Angriffskrieg führe eindringlich vor Augen, „wie wichtig unser transatlantischer Schulterschluss für die Freiheit in Europa ist“. Putin setze „seine Angriffe mit unverminderter Brutalität fort, trotz der intensiven Friedensdiplomatie der letzten Wochen – auch und gerade durch die USA“. Bei seinem Gespräch solle es um das gemeinsame Ziel gehen: „Wir wollen das Sterben in der Ukraine endlich beenden, wir wollen einen sofortigen Waffenstillstand, und wir wollen einen nachhaltigen Frieden“, sagte Wadephul. „Damit Putin endlich an den Verhandlungstisch kommt, damit Russland endlich in ernsthafte Verhandlungen einsteigt, müssen wir den Druck aufrechterhalten.“

Hoffnung auf mehr Druck aus den USA auf Russland

Die Europäer seien bereit, „Sanktionsschrauben“ weiter anzuziehen, auch der US-Kongress sei zu mehr Sanktionen bereit. Wadephul bekräftigte aber auch, dass die Europäer bereit seien, „mehr Verantwortung für unsere eigene Sicherheit“ zu übernehmen. Er hob abermals hervor, dass Deutschland angesichts dieser Bedrohung „den Vorschlag einer Steigerung der Investitionen in unsere Verteidigung und in die relevante Infrastruktur auf 5 Prozent“ der Wirtschaftskraft unterstütze, wie ihn der NATO-Generalsekretär Rutte gemacht hatte.

Tatsächlich hofft man in Berlin, dass im amerikanischen Senat ein Gesetzentwurf zu Sanktionen gegen Russland abgestimmt werden könnte, um den Druck auf Moskau zu erhöhen. Das Ultimatum für verschärfte Sanktionen, sollte der russische Präsident Putin nicht einem Waffenstillstand zustimmen, war vom amerikanischen Präsidenten Trump trotz anderer Signale an die Europäer nicht mitgetragen worden. Nachdem Putin das Ultimatum ignoriert hatte, beschloss Europa das lange vorbereitete 17. Sanktionspaket und nahm die Arbeit an dem 18. Auf. Trump bestand derweil im direkten Gespräch mit Putin nicht auf die Forderung der Europäer nach einem Waffenstillstand.

Stattdessen hatten die Äußerungen in einem anschließenden Telefonat von Trump mit mehreren europäischen Staats- und Regierungschefs vergangene Woche die Sorge befeuert, dass Trump Amerika aus dem Friedensprozess herausziehen könnte. Auf Vorschlag von Bundeskanzler Merz war man in dem Gespräch mit Trump immerhin zu der Einigung gekommen, auf technischer Ebene weitere Vorbereitungsgespräche für einen solchen Prozess zu führen.

Mitteilungen von Trump auf Kurznachrichtendienst hatten in den vergangenen Tagen hingegen wieder Hoffnungen geweckt in der Bundesregierung: immer kritischer hatte sich Trump über Putin geäußert. Kurz vor Abflug von Wadephul aus Berlin schrieb er, Putin realisiere nicht, dass es nur an ihm, Trump, läge, dass Putin viele schlimme Dinge nicht passierten. Putin spiele „mit dem Feuer!“

Fünf-Prozent-Ziel als Signal an Washington

Wadephul hatte nach seinem Amtsantritt mit Rubio bereits telefoniert, und ihn auch persönlich schon bei einem informellen Treffen der NATO-Außenminister in Antalya getroffen. Im Anschluss hatte er davon gesprochen, dass man das fünf Prozent-Ziel von Rutte unterstütze: gemeint sind 3,5 Prozent für klassische Verteidigungsausgaben plus 1,5 Prozent für verteidigungsrelevante Infrastruktur bis 2032. Dabei hofft man, den zweiten Teil auch mit dem bereits beschlossenen Sondervermögen Infrastruktur abdecken zu können. Verteidigungsausgaben sind über der 1-Prozent-Marke ausgenommen von der Schuldenbremse.

Nach anfänglicher Irritation über Wadephuls Äußerung hatte Verteidigungsminister Pistorius bereits vorgerechnet, wie man bis 2032 auf die 3,5 Prozent Verteidigungsausgaben kommen könne und Merz sprach sich ebenfalls für das Ziel von 3,5 plus 1,5 Prozent aus. Trump hatte fünf Prozent als Ziel für die NATO-Partner ausgegeben, Amerika selbst liegt derzeit bei etwa 3,4 Prozent. Wadephul hatte versucht, die fünf Prozent als Signal an Washington zu setzen.

Zollstreit auch Thema bei Gespräch mit Rubio

Wadephul kündigte vor dem Gespräch mit Rubio an, auch über den Zollstreit zwischen Europa und Amerika reden zu wollen: „In einer global vernetzten Welt wollen wir keine neuen Zollmauern errichten, sondern stabile Brücken aus Partnerschaft und Vertrauen bauen.“

Trump hatte zuletzt mit massiven Strafzöllen von 50 Prozent für Einfuhren von EU-Waren in die USA gedroht. Auch um Israel und die humanitäre Versorgung des Gaza-Streifens soll es gehen: nach scharfer Kritik auch aus Berlin ist gerade erst die Versorgung des Gaza-Streifens über ein neues amerikanisches Stiftungsmodell angelaufen. Skepsis bleibt, ob so genug Hilfsgüter alle Menschen im Gaza-Streifen erreichen. „Eine Zweistaatenlösung bietet die beste Chance für dauerhaften Frieden in der Region“, sagte Wadephul. „Gemeinsam mit unseren amerikanischen Partnern möchte ich ausloten, wie sich dies endlich realisieren lässt.“ Rubio feiert am Mittwoch auch seinen 54. Geburtstag.