Wie wirksam sind die Spritzen zum Abnehmen?

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Abnehmen ohne strikte Diäten und Heißhungerattacken – die Versprechen von Abnehmspritzen sind groß. Doch die Medikamente haben auch ihre Grenzen.

Übergewicht erhöht das Risiko für Krankheiten wie Arthrose, Herzprobleme oder Diabetes. In Deutschland gelten etwa zwei Drittel der Männer und etwas mehr als die Hälfte der Frauen als übergewichtig. Fast ein Viertel ist sogar stark übergewichtig (adipös). Und: Je älter die Menschen werden, desto häufiger tritt starkes Übergewicht auf.

Daher ist es nicht verwunderlich, dass sogenannte Abnehmspritzen seit einiger Zeit einen starken Trend erfahren. Denn sie versprechen: weniger Hunger, weniger Gewicht – ganz ohne strikte Diäten oder Operation. Doch was ist wirklich dran an den Versprechen? Und wo liegen die Risiken? Das erfahren Sie in diesem Artikel.

Hinter dem Begriff “Abnehmspritze” verbergen sich verschreibungspflichtige Medikamente mit Wirkstoffen wie Semaglutid (Wegovy® oder Ozempic®), Tirzepatid (Mounjaro®) oder Liraglutid (Saxenda®). Sie wurden ursprünglich zur Behandlung von Typ-2-Diabetes entwickelt. Seit dem Jahr 2023 sind sie jedoch auch zur Therapie von starkem Übergewicht zugelassen.

Die Medikamente wirken über sogenannte GLP-1-Analoga. Sie ahmen das Darmhormon GLP-1 nach und sorgen dafür, dass das Hungergefühl abnimmt. Gleichzeitig verlangsamen sie die Magenentleerung und senken den Blutzuckerspiegel. Tirzepatid wirkt zusätzlich über ein weiteres Hormon (GIP), was die Wirksamkeit noch erhöhen kann.

Verabreicht werden diese Mittel per Injektion – wöchentlich oder täglich, abhängig vom Präparat. Die Anwendung erfolgt nach ärztlicher Einweisung und nur unter medizinischer Kontrolle.

Wie hoch die Gewichtsabnahme ist, hängt vor allem vom Grad des Übergewichts ab und ob die empfohlenen Lebensstilveränderungen (gesunde Ernährung und mehr Bewegung) umgesetzt werden. Einzelne Studien zeigen bisher folgende Wirkung:

  • Nach 56-wöchiger Therapie mit Liraglutid erreichten die Probanden eine mittlere Gewichtsabnahme von durchschnittlich acht Prozent.
  • Mit Semaglutid verloren die Teilnehmenden nach 52 Wochen im Schnitt knapp 15 Prozent ihres Körpergewichts. Auch weitere Gesundheitsparameter verbesserten sich messbar: etwa Blutdruck, Blutfettwerte und Blutzucker.
  • Bei Tirzepatid erreichten die Teilnehmenden in den ersten 36 Wochen eine Gewichtsabnahme von bis zu 21 Prozent – ein Effekt, der fast an die Ergebnisse chirurgischer Eingriffe heranreicht.

Allerdings funktioniert das nicht bei jedem Menschen gleich gut. Und: Wird das Medikament abgesetzt, steigt das Gewicht meist wieder. “Adipositastherapie ist Arbeit und bleibt lebenslange Arbeit”, betont Dr. Kristina Lenz vom Helios Adipositaszentrum Schwerin. Die Medikamente seien eine sinnvolle Ergänzung, aber kein Ersatz für die klassische Therapie, bestehend aus einer langfristigen Ernährungsumstellung, Bewegung, Verhaltenstraining

Das wichtigste Ziel bei der Behandlung von starkem Übergewicht ist eine langfristige Gewichtsabnahme. Welche Behandlung im Einzelnen sinnvoll ist, hängt unter anderem vom Schweregrad der Adipositas, dem Alter und von den persönlichen Risikofaktoren und Begleiterkrankungen ab. Folgende Komponenten können dazugehören: Ernährungsumstellung, körperliche Aktivität, Beratung, Verhaltenstherapie, Medikamente und Operationen, wie die Magenverkleinerung oder das Magenband.

Neben dem Problem, dass die Menschen wieder zunehmen, sobald sie die Medikamente absetzen, können auch Nebenwirkungen auftreten. Häufige Beschwerden sind:

In seltenen Fällen kann es zu ernsteren Komplikationen kommen, etwa einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis), Gallenerkrankungen oder einer gestörten Magenentleerung. Deshalb ist eine engmaschige ärztliche Begleitung zwingend erforderlich.

Bisher ist auch nicht geklärt, ob die Mittel langfristig das Krebsrisiko beeinflussen. Tierversuche zeigen Hinweise auf Schilddrüsen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs, beim Menschen fehlen jedoch belastbare Belege.

  • Lesen Sie auch: Abnehmspritze hilft offenbar bei 42 Gesundheitsproblemen – aber verschlimmert auch einige
Untersuchung beim Arzt: Nicht jeder bekommt die Abnehmspritzen verschrieben.Vergrößern des Bildes
Untersuchung beim Arzt: Nicht jeder bekommt die Abnehmspritze verschrieben. (Quelle: Graphicscoco/getty-images-bilder)

Nicht jeder darf die Abnehmspritze einfach so nutzen. Die Mittel sind rezeptpflichtig und werden nur unter bestimmten Voraussetzungen verschrieben. Dazu gehören:

  • Ein BMI über 30
  • Oder ein BMI über 27 bei gleichzeitigen Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes Typ 2

Nicht angewendet werden dürfen sie bei:

  • Schwangeren und Stillenden
  • Menschen mit Typ-1-Diabetes
  • schweren Leber-, Nieren- oder Herzerkrankungen
  • bestimmten Netzhauterkrankungen

Wichtig: Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die hohen Kosten von bis zu 4.000 Euro pro Jahr bislang nur bei einer bestehenden Diabetes-Erkrankung. Für Menschen mit Adipositas ohne Diabetes gelten die Mittel in der Regel als Lifestyle-Arzneimittel und müssen selbst bezahlt werden.

Für manche Patienten kann die Abnehmspritze eine Möglichkeit sein, eine Operation hinauszuzögern oder zu vermeiden. Doch auch hier gilt: Die Wirkung hält nur so lange an, wie das Medikament regelmäßig gespritzt wird. Nach dem Absetzen nehmen viele Betroffene wieder zu.

Vor allem für junge Menschen mit starker Adipositas kann eine Operation laut Experten langfristig die bessere Option sein. Denn sie senkt nicht nur das Gewicht, sondern bessert auch viele Folgekrankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck oder Schlafapnoe deutlich – und oft dauerhaft.

Abnehmspritzen können stark übergewichtigen Menschen helfen, ihr Gewicht zu reduzieren – besonders dann, wenn andere Maßnahmen nicht ausreichend wirken. Doch sie sind kein Wundermittel zum Wunschgewicht. Ohne die dauerhafte Anwendung und begleitende Lebensstilveränderung lässt sich der Erfolg nicht halten. Wer die Spritze in Betracht zieht, sollte sich deshalb gut beraten lassen und realistische Erwartungen haben.