Demenz: Ehe schützt wohl doch nicht vor Erkrankung

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Verheiratet zu sein, galt lange als Schutz gegen Demenz. Eine neue Langzeitstudie widerspricht dieser Idee – und liefert überraschende Zahlen.

Eine Demenzerkrankung gehört zu den großen Herausforderungen des Alterns. Schätzungen zufolge leben heute etwa 1,8 Millionen Menschen in Deutschland mit dieser Erkrankung – Tendenz steigend.

Unverheiratet zu sein, könnte dabei ein unverhoffter Vorteil sein. Entgegen bisheriger Annahmen scheinen ledige, geschiedene oder verwitwete Menschen ein geringeres Risiko für Demenz zu haben als verheiratete. Das zeigt eine aktuelle Analyse aus den USA. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift “Alzheimers & Dementia” veröffentlicht.

Lange Zeit glaubten Mediziner, die Ehe wirke sich positiv auf die Gesundheit aus – auch auf das Risiko, an Demenz zu erkranken. Die Begründung: Wer in einer Partnerschaft lebt, bekommt früher Hilfe, ist emotional stabiler und lebt oft gesünder.

Doch eine groß angelegte Studie des National Alzheimer’s Coordinating Center (NACC) zeigt jetzt ein anderes Bild. Über einen Zeitraum von bis zu 18 Jahren beobachteten Forschende über 24.000 Menschen ohne Demenz. Anschließend verglichen sie die Zahl der in Verlauf der Zeit auftretenden Demenzerkrankungen mit dem Familienstand der Probanden.

Das Ergebnis: Verheiratete erkrankten häufiger an Alzheimer oder anderen Demenzformen als ihre alleinlebenden Altersgenossen. Besonders deutlich wurde der Unterschied bei Menschen, die nie verheiratet waren. Ihr Risiko, an Demenz zu erkranken, war um 40 Prozent geringer als bei Verheirateten. Geschiedene hatten ein um 34 Prozent geringeres Risiko, Verwitwete ein um 27 Prozent geringeres. Auch der Übergang von einer leichten kognitiven Beeinträchtigung zu einer Demenz verlief bei Unverheirateten langsamer.

Diese Unterschiede galten selbst dann, wenn Faktoren wie Alter, Geschlecht, Depressionen, genetische Vorbelastung, Lebensstil oder die Art der Diagnosestellung berücksichtigt wurden.

Die Studienautoren diskutieren zwei mögliche Erklärungen: Zum einen könnte es sein, dass bei Alleinlebenden Symptome später erkannt werden – weil niemand im Alltag auf Veränderungen achtet. Das würde bedeuten: Das Risiko ist nicht wirklich geringer, sondern die Diagnose kommt einfach später.

Zum anderen könnten unverheiratete Menschen andere Schutzfaktoren entwickeln: mehr soziale Kontakte außerhalb der Ehe, eine bessere Lebenszufriedenheit nach Trennungen oder der Wegfall belastender Beziehungen. Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass Konflikte in der Ehe die Gesundheit sogar verschlechtern können.